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Format
Impuls
Date
24. August 2021

Zukünftige Anforderungen an eine energiewendegerechte Netzkostenallokation

Einleitung

Die Reform der Netzentgelte stand schon im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung. Passiert ist jedoch nichts, weil die Regierung es nicht geschafft hat, sich auf das Ziel einer Reform zu einigen.

Das kann so nicht bleiben. Denn in der Zwischenzeit sind die Netzkosten auf rund 24 Milliarden Euro pro Jahr angewachsen. Es wird zudem immer offensichtlicher, dass die Höhe und Struktur der Netzentgelte großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit von Schlüsseltechnologien haben.

Die heutige Struktur der Netzentgelte behindert sektorenübergreifend Investitionen in neue strombasierte Prozesse. Diese werden jedoch für Klimaneutralität dringend gebraucht: Elektromobilität im Verkehr, Wärmepumpen im Gebäudesektor, Wasserstoff-Elektrolyseure und neue strombasierte Anlagen in der Industrie (wie zum Beispiel elektrische Steamcracker) brauchen Anreize, keine Hindernisse.

Wir zeigen in diesem Impuls auf, in welche Richtung die Diskussion gelenkt werden muss und welche Ziele bei einer Netzentgeltreform im Vordergrund stehen müssen. Zudem unterbreiten wir erste Vorschläge, in welche Richtung die Reform der Netzentgelte gehen muss, um für ein zukünftiges Stromsystem mit hohen Anteilen an Windkraft und Solarenergie gewappnet zu sein.

Kernergebnisse

  1. Die Stromnetzentgelte erzeugen aktuell gravierende Flexibilitäts- und Investitionshemmnisse.

    Die Energiewende erfordert (auch) im Industrie- und Gewerbesektor Investitionen in neuartige Verbrauchseinrichtungen, die sich an einem flexiblen Stromangebot und Betrieb orientieren müssen. Die Netzentgelte spielen dabei für industrielle Verbraucher:innen eine relevante Rolle. Derzeit vermitteln sie jedoch nicht die richtigen Anreize, sondern wirken teilweise sogar kontraproduktiv.

  2. Anpassungen an der bestehenden Netzentgeltstruktur wären keine befriedigende Lösung.

    Bei der Netzentgeltgestaltung stand bisher das Ziel einer als „fair“ empfundenen Netzkostenallokation im Vordergrund. Verbraucherseitige Flexibilität spielte keine Rolle. Das System ist für Klimaneutralität jedoch ungeeignet. Die aktuellen Defizite lassen sich nicht durch kleine Anpassungen an der Entgeltstruktur oder den Regeln zu individuellen Netzentgelten lösen.

  3. Die Zukunft liegt in zeitvariablen, vom Netz- und Systemzustand abhängigen Netzentgelten.

    Situationsabhängige, zeitvariable Netzentgelte bauen die aktuellen Anreizdefizite ab. Diese sollten nicht nur von der Netzbelastung, sondern auch vom Stromangebot, also insbesondere dem Erneuerbare-Energien-Dargebot, abhängig sein. So wird ein netzdienlicher wie auch marktorientierter Flexibilitätseinsatz aufseiten der Verbraucher:innen angereizt.

  4. Verteilnetze mit viel Windkraft haben aktuell die höchsten Netzentgelte. Dies ist sowohl aus Fairnessgründen als auch von der Anreizwirkung her falsch und muss geändert werden.

    Aktuell sind die Netzentgelte dort hoch, wo viel Windstrom erzeugt wird. Ein Grund: Die Anschlusskosten für neue Erzeugungsanlagen werden nur in den jeweiligen Verteilnetzen gewälzt. Das Gegenteil wäre richtig – Strom sollte dort billig sein, wo er erzeugt wird. So profitieren die Verbraucher:innen vor Ort und es entstehen volkswirtschaftlich die richtigen Anreize.

Bibliographische Daten

Autor:innen
Wolfgang Fritz und Christoph Maurer (Consentec GmbH, Aachen), Andreas Jahn – Projektleitung (Regulatory Assistance Project (RAP), Berlin)
Publikationsnummer
224/11-I-2021/DE
Versionsnummer
1.0
Veröffentlichungsdatum

24. August 2021

Seitenzahl
33
Projekt
Diese Publikation wurde erstellt im Rahmen des Projektes Zukünftige Anforderungen an eine energiewendegerechte Netzkostenallokation.

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