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Steuerung der Stromnachfrage als Beitrag zur Versorgungssicherheit
Zwischenergebnisse Lastmanagement-Studie – Industriebetriebe in Baden-Württemberg und Bayern könnten kurzfristig mehr als ein Gigawatt ihrer Stromnachfrage zeitlich verschieben. Damit könnte ein wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit in Süddeutschland geleistet werden.
Zu dieser Schlussfolgerung kommt eine Studie, die gemeinsam von den Umweltministerien von Baden-Württemberg und Bayern und der Berliner Denkfabrik Agora Energiewende in Auftrag gegeben und begleitet wurde.
Für die Umweltminister Bayerns und Baden-Württembergs, Dr. Marcel Huber (CSU) und Franz Untersteller (Grüne), sowie Agora-Direktor Rainer Baake liefert die Studie wichtige Hinweise für einen bedeutenden Aspekt der künftigen Energiepolitik: „Die Steuerung des Stromverbrauchs ist ein wichtiges Instrument, um die Sicherheit bei der Stromversorgung zu gewährleisten. Die Laststeuerung ist bisher noch viel zu wenig beachtet worden. Die neue Studie zeigt, wie viel Potenzial in unseren Unternehmen steckt und dass sie mit wenig Aufwand einen nennenswerten Beitrag für eine sichere Versorgung leisten können.“
Die Energiewende stellt neue Herausforderungen an die Flexibilität des Gesamtsystems und damit an die Versorgungssicherheit. So haben die Netzbetreiber in den letzten beiden Wintern alte Kraftwerke mit einer Leistung von bis zu 2,6 Gigawatt als so genannte Kaltreserve unter Vertrag genommen, die bei drohenden Versorgungsengpässen hochgefahren werden. Mit der Abschaltung der Kernkraftwerke Grafenrheinfeld (2015) und Gundremmingen B (2017) entsteht zusätzlicher Bedarf zur Sicherung der Stromversorgung in Zeiten der Spitzennachfrage insbesondere in Süddeutschland. Eines der Handlungsfelder, um den Bedarf zu decken, ist daher der Bau neuer Kraftwerke – neben dem Netzausbau und der Weiterentwicklung der Speichertechnologien.
Die neue Studie, die vom Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung und der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft im Auftrag von Agora Energiewende erstellt wurde, zeigt jetzt aber, dass auch auf der Nachfrageseite angesetzt werden kann: Einen erheblichen Teil des Bedarfs könnte die süddeutsche Industrie durch Flexibilisierung ihrer Prozesse abdecken. Über 850 MW Stromverbrauch könnten über einen Zeitraum von zwei Stunden abgeschaltet und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Bei einem kürzeren Bedarfsfall von nur 30 Minuten wären es sogar 1,2 Gigawatt. Da viele Netzengpass-Situationen nur für kurze Zeit bestehen, kann die Industrie somit einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Hinzu kommt ein weiteres relevantes Lastverschiebungspotenzial im Bereich der Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen. Dessen Höhe ist jedoch abhängig von Tageszeit und Temperatur.
Rainer Baake, Direktor der Berliner Denkfabrik Agora Energiewende: „Wir zeigen mit der Studie, dass mit verfügbarer Technik und heute installierter Steuerung die Verbraucherseite kurzfristig eine Flexibilität in der gleichen Größenordnung wie ein bis zwei große Spitzenlastkraftwerke bereitstellen kann. Um diese nennenswerten Potenziale zu heben, reichen aber die Anreize des bestehenden Strommarktes nicht aus. Wir brauchen daher einen wettbewerblichen Markt für Versorgungssicherheit als Ergänzung zum bestehenden Energiemarkt.“
Um das in der Studie dargestellte Lastmanagement-Potenzial zu erschließen, werden die Ministerien und Agora Energiewende in den kommenden Monaten untersuchen, wie die Regeln des Strommarkts verändert werden müssen, damit auch die Nachfrageseite aktiv daran teilnimmt. Entsprechende Modelle werden in die Diskussionen zum zukünftigen Strommarktdesign auf Bundesebene eingebracht.
Vorschläge für ein neues Marktdesign, mit dem zum Beispiel Anreize zum Bau neuer Kraftwerke geschaffen würden, lägen bereits auf dem Tisch, erklärte Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller. Er selbst habe zum Beispiel einen Vorstoß zur Schaffung eines so genannten Kapazitätsmarktes unternommen: „Ich habe den Eindruck, dass diese Idee immer mehr Freunde findet. In einem solchen Kapazitätsmarkt würde die Bereitstellung von Stromkapazität bereits vergütet. Richtig gestaltet schaffen wir damit Anreize für den Bau hoch effizienter und weitgehend klimaunschädlicher Gaskraftwerke, die wir für die Energiewende benötigen“. Unter Kapazitäten sei dabei aber nicht nur der Neubau von flexiblen Kraftwerken zu verstehen: „Der notwendige Kapazitätsmarkt muss die drei Kapazitäten Erzeugung, Speicher und eben auch einen zu flexibilisierenden Verbrauch im Sinne von steuerbaren Lasten umfassen“, sagte Untersteller.
Bayerns Umweltminister Dr. Marcel Huber betonte: „Eine sichere Stromversorgung ist auch in Zukunft unverzichtbar und gerade für die industrieintensiven Südländer Bayern und Baden-Württemberg entscheidend. Schwankende Naturkräfte wie Sonne und Wind sind neue Herausforderungen. Da sie nur zu gewissen Zeitpunkten verfügbar sind, müssen genau diese intelligent genutzt werden. Stromerzeugung und Verbrauch müssen aufeinander abgestimmt werden. Wir brauchen eine flexible Stromversorgung, die für alle bezahlbar bleibt. Die Bundesregierung ist gefordert, auch diesen Gedanken bis zur Sommerpause in die Eckpunkte für eine zukunftsfähigen Strommarkt einzuarbeiten.“ Um die Potenziale des Lastmanagements in die Praxis umzusetzen, wird der Freistaat auch eigene Projekte weiter vorantreiben.
Bayern und Baden-Württemberg haben derzeit eine Spitzenlastnachfrage von ca. 25 GW, der industrielle Strombedarf liegt bei etwa 55-60 Prozent der Gesamtstromnachfrage in den beiden Bundesländern. Aufgrund des Kernenergieausstiegs besteht Bedarf an neuen Kraftwerken zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Gleichzeitig kann ein Teil dieses Bedarfs aber auch dadurch abgedeckt werden, dass insbesondere industrielle Stromverbraucher ihre Stromnachfrage zeitweise verschieben. Zudem wird es mit steigenden Anteilen von Erneuerbaren Energien immer sinnvoller, die Stromnachfrage aus den Zeiten mit niedriger Stromproduktion aus Wind- und Solaranlagen in Zeiten mit viel Wind und/oder Sonne zu verschieben. Die vorliegende Studie ermittelt erstmals die Nutzbarkeit und Potenziale verschiebbarer Lasten von Großverbrauchern in Süddeutschland. Dafür wurden mehr als 200 Unternehmen in Bayern und Baden-Württemberg untersucht. Einbezogen wurden dabei sowohl die stromintensivsten industriellen Prozesse (Chemie, Elektrostahl, Papier, Zement) als auch die Querschnittstechnologien (zum Beispiel Lüftung, Klimatisierung), die in vielen Industrien (insbesondere Fahrzeugbau und Maschinenbau) zum Einsatz kommen. Zudem wurde auch das Potenzial im Bereich der Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen untersucht.
Bayern und Baden-Württemberg haben derzeit eine Spitzenlastnachfrage von ca. 25 GW, der industrielle Strombedarf liegt bei etwa 55-60 Prozent der Gesamtstromnachfrage in den beiden Bundesländern. Aufgrund des Kernenergieausstiegs besteht Bedarf an neuen Kraftwerken zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Gleichzeitig kann ein Teil dieses Bedarfs aber auch dadurch abgedeckt werden, dass insbesondere industrielle Stromverbraucher ihre Stromnachfrage zeitweise verschieben. Zudem wird es mit steigenden Anteilen von Erneuerbaren Energien immer sinnvoller, die Stromnachfrage aus den Zeiten mit niedriger Stromproduktion aus Wind- und Solaranlagen in Zeiten mit viel Wind und/oder Sonne zu verschieben. Die vorliegende Studie ermittelt erstmals die Nutzbarkeit und Potenziale verschiebbarer Lasten von Großverbrauchern in Süddeutschland. Dafür wurden mehr als 200 Unternehmen in Bayern und Baden-Württemberg untersucht. Einbezogen wurden dabei sowohl die stromintensivsten industriellen Prozesse (Chemie, Elektrostahl, Papier, Zement) als auch die Querschnittstechnologien (zum Beispiel Lüftung, Klimatisierung), die in vielen Industrien (insbesondere Fahrzeugbau und Maschinenbau) zum Einsatz kommen. Zudem wurde auch das Potenzial im Bereich der Wärmepumpen und Nachtspeicherheizungen untersucht.
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