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Format
Analyse
Date
12. Juli 2018

Vom Wasserbett zur Badewanne

Die Auswirkungen der EU-Emissionshandelsreform 2018 auf CO₂-Preis, Kohleausstieg und den Ausbau der Erneuerbaren
Vom Wasserbett zur Badewanne

Einleitung

Im Juni 2018 hat die Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung ihre Arbeit aufgenommen. Diese soll laut Kabinettsbeschluss bis Ende des Jahres unter anderem einen Vorschlag erarbeiten, mit welchen zusätzlichen nationalen Maßnahmen Deutschland möglichst nahe an das 2020-Klimaschutzziel herankommt, wie das Sektorenziel der Energiewirtschaft aus dem Klimaschutzplan bis 2030 erreicht werden kann und bis wann die Kohle­verstromung in Deutschland beendet wird.

Eines der Hauptargumente gegen solche zusätzlichen nationalen Klimaschutzinstrumente war über Jahre der sogenannte Wasserbetteffekt im europäischen Emissionshandel. Demnach würden solche Instrumente keinen Klimaschutzeffekt haben, da sie nur zu zusätzlichen Emissionen anderswo im Emissions­handel führen würden. Dieser Effekt war bislang eher theoretischer Natur, da mit und ohne nationale Instrumente der EU-Emissionshandel einen gigantischen Zertifikateüberschuss aufweist. Mit der umfassenden Reform des EU-Emissionshandels, die im April 2018 in Kraft getreten ist, wurden jedoch erstmals Beschlüsse gefasst, die dem Wasserbett­effekt wirksam begegnen. Nationale Klimaschutz­instrumente in der Energiewirtschaft und der EU-Emissionshandel sind insofern keine Gegensätze mehr. Welche Beschlüsse konkret gefasst wurden und wie sich diese auswirken, lesen Sie in diesem Hintergrund­papier.

Kernergebnisse

  1. Die Reform des ETS (Emissions Trading System) vom April 2018 hat den europäischen Emissionshandel wiederbelebt.

    Nachdem er in den letzten Jahren weitestgehend wirkungslos gewesen war, haben sich die CO₂-Preise binnen eines Jahres auf rund 15 Euro pro Tonne erhöht und zeigen damit, dass das Instrument des ETS wieder ein gewisses Grundvertrauen genießt.

  2. Der Wasserbetteffekt des EU-Emissionshandels ist Geschichte. Ähnlich einem Badewannen-Überlaufventil sorgen neue Regelungen im ETS dafür, dass nationale Klimaschutzinstrumente auch zur Löschung von Zertifikaten führen.

    So werden ab 2023 große Teile der Überschussmengen im Emissionshandel gelöscht, zudem können nationale Mitgliedstaaten bei einem Kohleausstieg die entsprechend frei werdenden CO₂-Zertifikate stilllegen.

  3. Es ist derzeit noch völlig offen, ob durch diese Reform das Cap des EU-Emissionshandels tatsächlich begrenzend wirkt und somit signifikante Emissionsminderungen auslöst.

    In einem solchen Szenario würden sich im Verlauf der 2020er-Jahre Knappheitspreise entsprechend der CO₂-Vermeidungskosten einstellen. Weil es aber aufgrund des europaweiten Zubaus von Erneuerbaren Energien und des Trends von Steinkohle zu Erdgas zu erheblichen Ohnehin-Minderungen kommt, ist es genauso wahrscheinlich, dass der EU-ETS auch mittelfristig einen hohen Zertifikateüberschuss behält.

Bibliographische Daten

Autor:innen
Dr. Patrick Graichen, Philipp Litz (Agora Energiewende); Dr. Felix Chr. Matthes, Hauke Hermann (Öko-Institut)
Publikationsnummer
136/03-A-2018/DE
Veröffentlichungsdatum

12. Juli 2018

Seitenzahl
36
Zitiervorschlag
Agora Energiewende und Öko-Institut (2018): Vom Wasserbett zur Badewanne. Die Auswirkungen der EU-Emissionshandelsreform 2018 auf CO₂-Preis, Kohleausstieg und den Ausbau der Erneuerbaren.
Projekt
Diese Publikation wurde erstellt im Rahmen des Projektes Reform des Europäischen Emissionshandels 2018.

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Unsere Expert:innen

  • Philipp Litz

    Projektleiter (bis Februar 2022)

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