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Format
Analyse
Date
4. Januar 2023

Die Energiewende in Deutschland: Stand der Dinge 2022

Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2023

Einleitung

Die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine haben das Energiejahr 2022 dominiert: Die Energiepreise erreichten Rekordhöhen mit teils dramatischen Folgen, eine Gasmangellage wurde durch Energieeinsparungen sowie mehr Kohle und Öl abgewendet. Unsere riskante Abhängigkeit von fossilen Energie­importen ist in den Fokus der politischen Aufmerksamkeit gerückt.

Kurzfristig hält das Jahr 2022 schlechte Nachrichten bereit: Die Emissionen stagnieren auf viel zu hohem Niveau, der Ausbau der Erneuerbaren Energien stockt noch immer. Das kurzfristige Krisenmanagement bestimmte die politische Agenda, teils auf Kosten wichtiger klimapolitischer Weichenstellungen.

Gleichzeitig hat das Jahr 2022 eine neue Ära für die Transformation zur Klimaneutralität eingeläutet: In der Bevölkerung und bei Unternehmen ist die Nachfrage nach Erneuerbaren Energien, Effizienz und Elektrifizierungstechnologien stark angestiegen. Das gilt auch international, wie zum Beispiel der Inflation Reduction Act in den USA zeigt.

Diese und weitere Entwicklungen haben wir für Sie in unserer Jahresauswertung zusammengetragen. Erstmals betrachten wir auch die Nach­fragesektoren Gebäude, Verkehr und Industrie im Detail.

Kernergebnisse

  1. Die Rückkehr der Kohle macht Energiespareffekte zunichte und lässt die Emissionen 2022 mit 761 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente auf Vorjahresniveau stagnieren.

    Teils schmerzhafte Energiesparmaßnahmen und Produktionsrückgänge senkten zwar den Primärenergieverbrauch um 4,7 Prozent; gleichzeitig steigert jedoch der kriegsbedingte fuel switch weg vom Erdgas und hin zu Kohle und Öl die Emissionen. Der Verkehrs- und der Gebäudesektor verpassen ihre Sektorziele erneut. In Summe verfehlt Deutschland damit das 2022-Reduktionsziel von 756 Millionen Tonnen CO2-Äq.

  2. Durch sonnige und windreiche Witterung wächst der Anteil der Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch von 41,0 Prozent 2021 auf 46,0 Prozent 2022.

    Dieser Rekord ist kein klimapolitischer Erfolg: Die Ausbaukrise der Windenergie an Land hält an, der Zubau erreicht lediglich zwei Gigawatt. Insgesamt waren neun von zehn Wind- und Solar-Ausschreibungen 2022 unterzeichnet, sodass der Zubau auch in den kommenden Jahren hinter den Erfordernissen zurückzubleiben droht. Die 2022 beschlossenen Beschleunigungsmaßnahmen reichen nicht aus, um das Ziel von 80 Prozent Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 zu erreichen.

  3. 2022 dominieren massive Preisanstiege die Energiemärkte und treiben maßgeblich die Inflation. Das Abfedern hoher Preise und die Ersatzbeschaffung fossiler Energien prägen das Regierungshandeln.

    Die Börsengaspreise erhöhen sich zum Vorjahr zeitweise um mehr als das Zehnfache. Zentrale klimapolitische Maßnahmen wie das im Koalitionsvertrag angekündigte Klimaschutzsofortprogramm bleiben dabei auf der Strecke. Dieser Rückstand muss 2023 aufgeholt werden, um das 2030-Klimaziel von -65 Prozent Emissionen gegenüber 1990 einzuhalten.

  4. Die Energiekrise und die immer stärkeren Folgen der Klimakrise entfachen eine hohe gesellschaftliche Nachfrage nach der Energiewende und ihren Technologien:

    Wärmepumpen in Haushalten und Industrie sind gefragt wie nie, die Zahl der PV-Balkonmodule vervierfacht sich und die Deutschen sparen beim Heizen. Immer mehr Kommunen fordern mehr Spielraum, Mobilität klimafreundlicher zu gestalten. Die Bundesregierung sollte diese Nachfrage im Jahr 2023 durch ambitionierte Maßnahmen unterstützen und bestehende Hürden aus dem Weg räumen.

Bibliographische Daten

Autor:innen
Katharina Hartz, Thorsten Lenck, Simon Müller, Philipp Godron, Moritz Zackariat, Felix Heilmann, Fabian Hein, Dr. Julia Metz, Janna Hoppe, Anna Kraus, Janek Steitz, Uta Weiß, Dr. Barbara Saerbeck, Sven Wieland, Michaela Holl, Andreas Graf (alle Agora Energiewende); Dr. Urs Maier (Agora Verkehrswende)
Publikationsnummer
283/01-A-2023/DE
Versionsnummer
1.1
Veröffentlichungsdatum

4. Januar 2023

Seitenzahl
106
Zitiervorschlag
Agora Energiewende (2023): Die Energiewende in Deutschland: Stand der Dinge 2022. Rückblick auf die wesentlichen Entwicklungen sowie Ausblick auf 2023.
Projekt
Diese Publikation wurde erstellt im Rahmen des Projektes Die Energiewende in Deutschland: Stand der Dinge 2022.

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