Bis zum Jahr 2014 ist der Anteil der Erneuerbaren Energien an der deutschen Stromversorgung auf mehr als 25 Prozent gewachsen. Zur gleichen Zeit allerdings emittierte das deutsche Stromsystem mehr Kohlendioxid als in früheren Jahren. So stieg der deutsche Treibhausgasausstoß in den Jahren 2012 und 2013 als Folge von niedrigen Preisen für Emissionszertifikate und infolgedessen niedrigen Produktionskosten für die Stromerzeugung aus Braunkohle.
Der Effekt basiert auf einfachen ökonomischen Prinzipien: Die Stromproduktion aus Stein- und besonders aus Braunkohle ist gekennzeichnet durch deutlich niedrigere Grenzkosten (im wesentlichen Kosten für Brennstoffe und Emissionsrechte) als die Verstromung von Gas. Diese Situation hat sich in den vergangenen Jahren sogar noch verschärft, weil auf dem Weltmarkt sinkende Steinkohlepreise verzeichnet wurden und die Preise für Emissionszertifikate gleichzeitig dauerhaft niedrig lagen. Zusätzlich haben stetig sinkende Börsenstrompreise dazu geführt, dass Deutschland immer mehr Strom exportieren konnte. Dadurch sind die Deutschland zurechenbaren Treibhausgasemissionen ebenfalls angestiegen.
Damit das deutsche Klimaschutzziel – eine Treibhausgasverminderung von minus 40 Prozent gegenüber 1990 – noch erreicht werden kann, ist eine Strategie zur schrittweisen Reduktion der Stromerzeugung auf Basis von Steinkohle und Braunkohle unabdingbar. Immer mehr Experten gehen dabei inzwischen davon aus, dass dazu ergänzende Maßnahmen zum Europäischen Emissionszertifikatehandel nötig sind. Diese müssten vor allem die Kohlendioxidemissionen von Braun- und Steinkohlekraftwerken adressieren.
Die langfristige Perspektive stellt hierbei eine besondere Herausforderung dar: Mit Blick auf das EU-weite Minderungsziel von minus 40 Prozent bis 2030 werden die Treibhausgasemissionen in Deutschland um etwa 55 Prozent bis 2030 reduziert werden müssen. Das impliziert einen beherzten Wechsel hin zur Gasverstromung und zu Erneuerbaren Energien.
Die Rolle von Agora Energiewende besteht darin, auf die Implikationen des so genannten „Energiewendeparadox“ hinzuweisen und zu einem gesellschaftlichen Konsens über den langfristigen Ausstieg aus der Kohleverstromung in sozialverträglicher Weise beizutragen.