Akzeptanz

Die Energiewende ist ein gesamtgesellschaftliches Projekt mit breiter Zustimmung in der Bevölkerung. Für das weitere Gelingen ist eine allgemeine Akzeptanz ebenso wichtig wie die konkrete Akzeptanz einzelner Maßnahmen.

Das im Erneuerbare-Energien-Gesetz gesteckte Ziel der Energiewende lautet, bis 2050 mindestens 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms mit Hilfe von Sonne, Wind und Co. zu produzieren. Wesentliche Eigenschaft dieser Erzeugungstechnologien ist, dass sie Energie in verdünnter und räumlich verteilter Form (bewegte Luft und Sonnenstrahlen) einsammeln und bündeln, um sie dann zu den Stromverbrauchern zu transportieren. Dazu ist eine verteilte, technische Infrastruktur – bestehend aus Erzeugungsanlagen, Transportleitungen und Verteilnetzen – unabdingbar. Diese werden unser Umfeld verändern – ähnlich wie es andere gesellschaftliche Entwicklungen schon immer getan haben (beispielsweise das Auto).

Gleichwohl kann diese Infrastruktur nur geschaffen werden, wenn die große Mehrheit der Menschen im Land zu ihr steht und somit der Energiewende Akzeptanz schenkt.

Wir setzen uns unter dem Thema Akzeptanz damit auseinander, wie Gerechtigkeit hergestellt werden kann, wenn Menschen von der Infrastruktur der Energiewende betroffen sind.

Durch die ökonomische Besserstellung bestimmter Akteursgruppen wird die Akzeptanzfrage nicht nachhaltig beantwortet werden können. Ein Mittel allerdings könnte sein, Barrieren zur Teilnahme am Strommarkt für kleine, lokale Akteure abzubauen und neue zu vermeiden. Ein weiteres Mittel besteht darin, Planungsprozesse – etwa für den Bau von Netzen – so zu gestalten, dass Bürgerinnen und Bürger frühzeitig beteiligt werden und ihre Vorschläge wirksam einbringen können.

Ebenso sind die Kosten der Energiewende maßgeblich für die Akzeptanz. Gelingt es, den Umbau des Stromsystems effizient zu gestalten und dabei auch den Strompreis dauerhaft auf einem bezahlbaren Niveau zu stabilisieren, so kann das zum Erhalt des breiten, gesellschaftlichen Konsens‘ für die Energiewende beitragen.

Ansprechpartner

Dr. Fabian Joas

Dr. Fabian Joas

Projektleiter EU Strommarkt | Industriepolitik und Energiewende (bis Dezember 2019)

    Partner

    Bild
    Bild
    Bild
    Bild

    Kernergebnisse

    1. 1

      Die Energiekrise verursacht 2023 für Verbraucher:innen Mehrkosten für Strom und Erdgas von mehr als 100 Milliarden Euro gegenüber dem Vorkrisenniveau.

      Haushalte, die mit Erdgas schlecht gedämmte Gebäude heizen, sind außerordentlich belastet – auch bei mittlerem Einkommen. Die Wirtschaft steht ebenfalls zum Teil vor erheblichen Herausforderungen. Eine gezielte und ausreichende staatliche Unterstützung ist daher dringend erforderlich.

    2. 2

      Es bedarf einer Zufallsgewinnsteuer, um die Finanzierung der notwendigen Entlastungen zu unterstützen.

      Die Steuer sollte so ausgestaltet sein, dass sie mit einem moderaten Steuersatz alle fossilen Energieträger abdeckt und zugleich Anreize für neue Investitionen in Energieunabhängigkeit und Klimaschutz erhält. Damit birgt sie geringere Risiken für Umgehungsstrategien und für zukünftige Investitionen als eine Abschöpfung von Zufallsgewinnen über den Strommarkt.

    3. 3

      Die Grundsätze der Preisbildung am Strommarkt funktionieren und müssen erhalten bleiben.

      Eine Preissetzung durch das jeweils teuerste Kraftwerk zeigt die Kosten von zusätzlichem Stromverbrauch bzw. den Wert von Einsparungen korrekt an. Dieses Prinzip ist für die Integration von Erneuerbaren Energien zentral, denn nur so können etwa Wärmepumpen oder Elektroautos effizient und dynamisch auf den Strompreis reagieren.

    4. 4

      Investitionen in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz gehören ins Zentrum der kurz- und mittelfristigen Krisenpolitik.

      Zusätzliches Angebot an Wind- und Solarenergie und effizientere Nachfrage sind Voraussetzungen für eine Normalisierung der Energiepreise und für eine ambitionierte Klimapolitik.

    1. 1

      Damit Deutschland in Zukunft genug Strom hat, müssen in Deutschland 145 Gigawatt Windenergie an Land und 385 Gigawatt PV-Leistung installiert sein.

      Der hier vorgestellte PV- und Windflächenrechner visualisiert auf Basis öffentlich zugänglicher Daten die PV-Frei- und Windflächen an Land, die grundsätzlich dafür genutzt werden können. Mit dem Tool können die Nutzer:innen ihren persönlichen Weg bis zum Erreichen der Klimaneutralität erkunden.

    2. 2

      Deutschland verfügt prinzipiell über genug Flächen, um den für die Klimaneutralität benötigten PV-Freiflächen- und Windstrom an Land herzustellen.

      Der Ausgleich unterschiedlicher Belange gelingt vor Ort leichter, wenn für den Bau von Windrädern die Nutzung von Wald und Landschaftsschutzgebieten nicht pauschal ausgeschlossen und der Mindestabstand zu Siedlungen variabel gestaltet wird und PV-Freiflächenanlagen auch außerhalb von benachteiligten Gebieten errichtet werden.

    3. 3

      In Deutschland kann ausreichend Strom aus PV-Freiflächen- und Windenergie erzeugt werden.

      Selbst solche Bundesländer, in denen vermeintlich wenig Flächen zur Verfügung stehen, besitzen Potenzial. Im Kern geht es bei der Flächenauswahl darum, die Interessen von Anwohnenden und den Schutz von Landschaft, Natur und gefährdeten Arten optimal auszugleichen.

    4. 4

      Durch die Auswahl von Teilflächen aus den grundsätzlich geeigneten Flächen kann die Energiewende vor Ort gestaltet werden.

      Nutzer:innen können mit dem PV- und Windflächenrechner simulieren, was die Entscheider in Ländern und Kommunen im Rahmen eines gerechten Interessensausgleichs bei der Ausweisung von PV-Frei- und Windflächen in der Realität umsetzen müssen.

    1. 1

      Für die Erneuerbaren-Ausbauziele ist es essenziell, dass bestehende Solarstromanlagen möglichst lange laufen.

      Alt-Solaranlagen, deren Strom vollständig ins Netz eingespeist wird, sollten nach 20 Jahren daher automatisch eine Vergütung vom Netzbetreiber erhalten, die sich an den Vermarktungserlösen für den eingespeisten Strom orientiert. Das Angebot muss so gestaltet sein, dass für Anlagenbetreibe-rinnen und -betreiber, deren EEG-Förderung endet, nichts Weiteres zu tun ist. Die Vergütungshöhe sollte dabei sicher die laufenden Kosten der Anlage (Versicherungskosten, Wartung) abdecken.

    2. 2

      Die Solar-Eigenverbrauchsregelungen für kleine Dachanlagen müssen dringend vereinfacht und systematisiert werden.

      So sollte der Eigenverbrauch aus einfachen Solardachanlagen bis 7 Kilowatt für Prosumer unkompli-ziert ausgestaltet sein, es darf – egal ob die Anlage alt oder neu ist – kein zusätzlicher Aufwand für die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer entstehen. Hierfür sollten die Netzbetreiber ein neues Prosumer-Standardlastprofil erarbeiten und so dieses Kundensegment erfassen und abrechnen.

    3. 3

      Bei größeren Solaranlagen und sobald Prosumer neben der Solaranlage auch über einen Stromspeicher, eine Wärmepumpe und/oder ein E-Fahrzeug verfügen, soll der Markt über dynamische Bepreisung die Optimierung des Eigenverbrauchs regeln.

      In diesen Fällen sollten Smart Meter zum Standard werden, damit Stromerzeugung- und -verbrauch viertelstündlich gemessen und abgerechnet werden. Eine Optimierung des Eigenverbrauchs orientiert sich dann an den Börsenstrompreisen und ist damit grundsätzlich systemkonform. Perspektivisch muss dies um zeitvariable Netzentgelte ergänzt werden.

    4. 4

      Das Zielmodell muss es sein, dass alle Dächer für Solar genutzt werden – und dies ähnlich attraktiv ist, egal ob eine optimierte Eigenverbrauchslösung oder eine Volleinspeisung dahinter steht.

      Hierfür ist eine Reform der Abgaben und Umlagen auf Strom sowie die Einführung von lokal diffe-renzierten, zeitvariablen Netzentgelten nötig. So kann das Solarpotenzial der Dächer voll erschlos-sen werden, egal ob durch Prosumer oder Volleinspeiser.

    1. 1

      Die Energiepolitik muss Akzeptanzpolitik in ihr Zentrum stellen, sonst scheitert die Energiewende.

      Denn das Ziel der Klimaneutralität bis spätestens 2050 erfordert 100 Prozent Erneuerbarer Energien im Stromsektor. Ein Energiesystem auf Basis dezentraler und kleinteiliger Erzeugungsanlagen rückt zwangsläufig näher heran an die Bürgerinnen und Bürger. Es kann deshalb nur mit ihnen, nicht gegen sie umgesetzt werden.

    2. 2

      Gesellschaftliche Akzeptanz vollzieht sich nicht in Form von weniger Gegnerschaft der lauten Minderheit, sondern vorrangig in Form von stärkerer Befürwortung und mehr Unterstützung der stillen Mehrheit.

      Deshalb sollte auch im Kontext der Energiewende nicht die laute Minderheit im Fokus der Akzeptanzpolitik stehen, sondern die Mehrheit, die die Energiewende befürwortet oder unterstützt. Diese Gruppen zu bestärken und zu aktivieren, sollte die Handlungsmaßnahmen der Akzeptanzpolitik bestimmen.

    3. 3

      Fünf Handlungsfelder müssen gleichzeitig adressiert werden, um die gesellschaftliche Akzepanz zu sichern:

      Politisch beschlossene Energiewendeziele und ihre Umsetzung sollten für Bürgerinnen und Bürger erkennbar übereinstimmen. Wirtschaftliche und soziale Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern sowie von Kommunen in Projekte der Energiewende, Transparenz in Entscheidungs- und Genehmigungsprozessen und eine von den Anwohnern als fair empfundene Flächenbereitstellung. Ein Akzeptanzpolitik, die sich auf Einzelne Maßnahmen konzentriert, unterschätzt die Komplexität von Akzeptanz und Teilhabe.

    4. 4

      Die von der Bundesregierung bisher geplanten Akzeptanzmaßnahmen reichen für einen Neustart der Windenergie an Land bei weitem nicht aus.

      Für die Energiewende als Marathonlauf braucht es eine auf Dauer und Stabilität angelegte umfassende Akzeptanzpolitik. Bislang ist diese nicht in Sicht.

    1. 1

      Die Politik muss Vorkehrungen treffen, die die bislang hohe Zustimmung zum weiteren Ausbau der Windenergie an Land für die Zukunft absichern.

      Denn der weitere Ausbau der Windenergie ­gehört zu den tragenden Säulen der Energiewende, ohne die die Transformation des Energiesystems in Deutschland nicht gelingen kann. So sollten die Bürger vor Ort bei der Planung von Windkraft­anlagen besser einbezogen und zusätzliche Regelungen geschaffen werden, die die Beiträge der Standortgemeinden zum Erfolg der Energiewende angemessen honorieren.

    2. 2

      Kommunen, die von neu errichteten Windenergieanlagen betroffen sind, sollten künftig über eine von den Windkraftbetreibern zu entrichtende Sonderabgabe angemessen an den Erträgen der Windenergie beteiligt werden.

      Die Sonderabgabe kann im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bundesweit geregelt werden. Ihr Volumen errechnet sich aus der Höhe, der Leistung und den Stromerträgen der jeweiligen Anlage.

    3. 3

      Die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Errichtung von Windenergieanlagen sollte aktualisiert und professionalisiert werden.

      Dazu gehört, die Öffentlichkeit schon vor der förmlichen Antragstellung einzubeziehen und  ihre Beteiligung ab der ersten Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von mehr als 100 Metern verpflichtend vorzusehen. Ziel ist es, insbesondere Anwohner früher und transparenter an der Planung von Windenergieanlagen zu beteiligen.

    1. 1
    2. 2
    3. 3

      Bundesnetzagentur und Netzbetreiber sollten Roadmaps für die flächendeckende Einführung der Maßnahmen vereinbaren, verbunden mit klaren Zeitzielen. Etwaige regulatorische und organisatorische Hemmnisse können zügig abgebaut werden.

      Bislang genießen Maßnahmen zur Steigerung der Kapazitäten im Bestandsnetz weder in Genehmigungsprozessen noch in der Umsetzung eine hohe Priorität. Bei entsprechender Fokussierung kann jedoch bis 2021 und 2023 viel realisiert werden.

    4. 4

      Längerfristig ermöglicht die Einführung einer innovativen, automatisierten Systemführung eine ­höhere Auslastung der Stromnetze.

      Kurze Reaktionszeiten durch automatisierte, schnelle Steuerungszugriffe kombiniert mit Online-Dynamic Security Assessment erlauben einen reaktiven, fehlerbasierten Redispatch. Um das hohe Sicherheitsniveau des deutschen Stromsystems aufrechtzuerhalten, sind jedoch noch eine Vielzahl von Fragen zu analysieren und Prozesse zu definieren. Unter Federführung der Bundesnetzagentur sollte schon jetzt eine Roadmap zur Strukturierung und Umsetzung ent­worfen werden, damit diese im Laufe der 2020er Jahre nach und nach umgesetzt werden können.

    Aus Studie : Toolbox für die Stromnetze
    1. 1

      Mit kurzfristigen Sofortmaßnahmen können die Kosten für Redispatch und die Abregelung von Erneuerbare-Energien-Strom deutlich gesenkt werden.

      Deshalb gilt es, Sofortmaßnahmen zur höheren Auslastung der Bestandsnetze umgehend auszuschöpfen, um Netzengpässe zu vermeiden, bis der Ausbau der Stromautobahnen realisiert ist. Zudem werden durch diese Maßnahmen auch die Netze benachbarter Staaten entlastet.

    2. 2

      Innovative Sofortmaßnahmen, die kurzfristig Stromleitungen entlasten, sollten aktiver Bestandteil der Netzplanung sein.

      Für diesen kürzeren Zeithorizont – zwei bis vier Jahre – sollte der Prozess der Netzplanung angepasst werden. Kernkriterium hierbei ist, dass die Umsetzung dieser Sofortmaßnahmen nachweislich günstiger ist als die Kosten, die andernfalls aus Redispatch und der Abregelung von Erneuerbare-Energien-Anlagen resultieren.

    3. 3

      Netzoptimierungs- und -verstärkungsmaßnahmen sind heute bereits Stand der Technik, ­werden aber noch viel zu selten eingesetzt.

      Zu den Maßnahmen gehören das Freileitungsmonitoring, Hochtemperaturleiterseile und der Einsatz von Querreglern. Genehmigungsverfahren sollten – wo möglich – vereinfacht werden, um eine Beschleunigung der Umsetzung zu erreichen; und die Netzbetreiber sollten sich auf einen klaren Zeitplan für den Rollout der Technologien festlegen.

    4. 4

      Um die Kosten für die Netzeingriffe deutlich zu senken und den Bestand der einheitlichen deutschen Preiszone zu erhalten, ist ein unmittelbar im Koalitionsvertrag verankertes Sofortprogramm „Optimierung der Bestandsnetze“ unumgänglich.

      Dieses müsste von der künftigen Regierung zügig beschlossen und schon im ersten Halbjahr 2018 umgesetzt werden, um noch vor 2020 Wirkung entfalten zu können. Denn beim Netzausbau sind kurzfristige Erfolge notwendig für den Erhalt der einheitlichen deutschen Gebotszone.

    Aus Studie : Optimierung der Stromnetze
    1. 1

      Ab 2019 sollte im Bundeshaushalt ein „Strukturwandelfonds Lausitz“ eingerichtet werden.

      Ziel des Strukturwandelfonds ist eine wirtschaftlich attraktive und lebenswerte Lausitz, die ihren Charakter als Industriestandort bewahrt, die die Innovationskraft ihrer Unternehmen und den Wissenschaftsstandort stärkt, über zeitgemäße Mobilität und digitale Infrastrukturen gut vernetzt ist und Menschen mit einer lebendigen Zivilgesellschaft anzieht und bindet.

    2. 2

      Der Lausitzfonds sollte für 15 Jahre mit jährlich 100 Millionen Euro ausgestattet werden und seine Mittel auf vier Fördersäulen verteilen: Wirtschaft, Wissenschaft, Infrastruktur und Zivilgesellschaft.

      Die vier Säulen sollten mit je 25 Prozent der Mittel ausgestattet sein. Die Mittel in den vier Säulen sollten flexibel eingesetzt werden können, damit nicht abgerufene Mittel nicht verfallen (gegenseitige Deckungsfähigkeit und Übertragbarkeit der Mittel in Folgejahre).

    3. 3

      Bei der Vergabe der Mittel nehmen regionale Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft eine Schlüsselrolle ein.

      Der Bund hat lediglich in einem Steuerungskreis eine Monitoring- und Koordinationsfunktion; die Entscheidungen über die jeweiligen Prioritäten sollen die Akteure aus der Region treffen.

    4. 4

      Für die Säule der Zivilgesellschaft sollten die Mittel in eine neu zu gründende „Zukunftsstiftung Lausitz“ fließen.

      Wirtschaftsförderung, Wissenschaft und Infrastruktur allein reichen nicht aus, um eine Region attraktiv zu machen. Kunst, Kultur, gelebte Traditionen und Aktivitäten der Zivilgesellschaft machen Orte lebendig. Hierfür ist eine dauerhafte Unterstützung notwendig, die sowohl kurzfristig über den Fonds als auch langfristig über den Aufbau eines Stiftungskapitals sichergestellt werden kann.

    Aus Studie : Eine Zukunft für die Lausitz
    1. 1

      Dem Umbau der Braunkohlenwirtschaft kommt bei der Energiewende eine Schlüsselrolle zu.

      Denn Braunkohle ist der klimaschädlichste Energieträger, 46 Prozent der CO₂-Emissionen des Stromsektors gehen auf die Braunkohle zurück – das ist mehr als der CO₂-Ausstoß des gesamten Straßenverkehrs. Die Klimaschutzziele Deutschlands lassen sich ohne eine deutliche Reduktion der Braunkohlenutzung nicht erreichen.

    2. 2

      Die Braunkohlenindustrie war in der Vergangenheit ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, hat heute aber nur noch regionalwirtschaftliche Relevanz.

      Während die Braunkohlenindustrie im 20. Jahrhundert für die Energieversorgung in West- und Ostdeutschland zentral war, spielt sie für die deutsche Volkswirtschaft heute eine untergeordnete Rolle. Für die drei Förderreviere im Rheinland, in Mitteldeutschland und in der Lausitz ist sie jedoch von hoher regionalwirtschaftlicher Bedeutung, die über die Zahl der insgesamt rund 19.000 aktiv Beschäftigten hinausgeht.

    3. 3

      Braunkohlekraftwerke stehen derzeit unter starkem ökonomischen Druck.

      Aufgrund der niedrigen Börsenstrompreise können neuere Braunkohlekraftwerke zwar die Betriebskosten des Kraftwerks und der angeschlossenen Tagebaue decken, jedoch nicht mehr die Kapitalkosten der Investition. Für ältere Braunkohlekraftwerksblöcke lohnen sich größere Erhaltungs- oder Erweiterungsinvestitionen in den liefernden Tagebauen nicht mehr. Sobald bei diesen Tagebauen fixe Betriebskosten in größerem Umfang reduziert werden können, ist eine Stilllegung wirtschaftlicher als der Weiterbetrieb.

    4. 4

      Der Braunkohlenbergbau ist durch ein hohes Maß an langfristig angelegter Regulierung und Planungsprozesse gekennzeichnet.

      Ökologische und energiewirtschaftliche Anpassungen müssen deshalb frühzeitig und über einen Prozess vorausschauender Strukturveränderungen gestaltet werden.

    1. 1

      Dezentralität entwickelt sich dauerhaft zu einem neuen Strukturmerkmal der Stromwirtschaft.

      Denn zentrale Technologien der Energiewende (Windkraft, Solarenergie, Stromspeicher, Elektromobilität, Wärmepumpen) bringen eine wesentlich verteiltere Struktur mit sich, die nicht mit immer mehr Netzausbau beantwortet werden kann. Zudem gibt es sowohl ökonomische als auch starke politische und soziale Treiber in Richtung Eigenversorgung und regionale Lösungen.

    2. 2

      Dezentralität ist kein Wert an sich, sondern muss sich netztopologisch, ökonomisch oder aufgrund von sozialen beziehungsweise politischen Präferenzen begründen lassen.

      Der Mehrwert dezentraler Lösungen ist oft nicht monetärer Natur (zum Beispiel größere Akzeptanz, breitere Teilhabe) und muss als solcher politisch bewertet werden. Ökonomisch liegt der Wert in der Regel in vermiedenem Netzausbau, für den bisher jedoch ein monetäres Maß fehlt, oder in dem Befriedigen einer Regionalitätspräferenz der Verbraucher, für die jedoch der Marktrahmen fehlt.

    3. 3

      Wir brauchen einen Ordnungsrahmen für Dezentralität bei Entgelten, Abgaben und Umlagen.

      Das bisherige System der dezentralitätsbedingten Ausnahmen bei Netzentgelten, Steuern, Abgaben und Umlagen ist hochgradig willkürlich und chaotisch. Es sollte überführt werden in eine klare Struktur, bei der die Höhe der Entgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen differenziert wird nach drei Ebenen: (1) Erzeugung und Verbrauch ohne Nutzung des öffentlichen Netzes, (2) Erzeugung und Verbrauch innerhalb einer Stromregion sowie (3) überregionaler Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch.

    Aus Studie : Energiewende und Dezentralität
    1. 1

      Gas ist der Gewinner 2016 und bringt den Kohleausstieg auf leisen Pfoten.

      Im Jahr 2015 hat die Stromproduktion aus Windenergie um 50 Prozent zugelegt, Erneuerbare Energien erzeugten 2015 mehr Strom als jemals ein anderer Energieträger in Deutschland. Sie decken inzwischen fast ein Drittel (32,5 Prozent) des inländischen Stromverbrauchs und dominieren das Stromsystem.

    2. 2

      Der Kohlestromexport erreicht ein Allzeithoch.

      Trotz der stark gestiegenen Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien blieb die Stromproduktion aus Stein- und Braunkohle weitgehend konstant. Sie ging aber zunehmend in den Export, dieser erreichte mit physikalischen Stromflüssen von per Saldo 50 Terawattstunden ein Allzeithoch. Gemessen an den Handelsflüssen werden saldiert sogar mehr als 60 Terawattstunden netto exportiert, das sind 50 Prozent mehr als im Vorjahr oder etwa zehn Prozent der Stromproduktion.

    3. 3

      Die klimaschädlichen Treibhausgasemissionen steigen weiter.

      Die CO₂-Emissionen des deutschen Kraftwerksparks lagen 2015 aufgrund der konstanten Kohleverstromung in etwa auf Vorjahresniveau, die gesamten energiebedingten Treibhausgasemissionen stiegen witterungsbedingt leicht an. Ohne eine konsistente Dekarbonisierungsstrategie für Strom, Wärme und Verkehr wird Deutschland seine Klimaschutzziele nicht erreichen können.

    4. 4

      Energie aller Art ist billig – außer Haushaltsstrom.

      Nicht nur die Preise für Kohle, Öl und Gas sind 2016 deutlich gesunken, sondern auch die Strombörsenpreise. Sie lagen mit 26,6 Euro pro Megawattstunde auf einem 10-Jahres-Tief. Zugleich hat die letzte PV-Auktion gezeigt, wie günstig Solarstrom sein kann: 5,38 Cent pro Kilowattstunde. Doch während Börsenstrom, Erdgas, Heizöl, Benzin und Diesel günstig sind, gilt dies aufgrund der Abgaben und Umlagen nicht für den Haushaltsstrompreis. Er steigt 2017 auf mehr als 30 Cent pro Kilowattstunde.

    1. 1

      Die Eigenstromversorgung durch Solar-Speicher-Systeme in Ein- und Zweifamilienhäusern, Landwirtschaft und Lebensmittelhandel bleibt überschaubar. Sie wird bis 2035 insgesamt maximal gut 44 Terawattstunden pro Jahr erreichen.

      Darin enthalten ist ein erheblicher Anteil an Strom für zusätzliche Wärmeanwendungen, sodass die Eigenversorgung jährlich maximal 24 Terawattstunden des heutigen Strombezugs aus dem Netz ersetzt. Das entspricht rund fünf Prozent des heutigenNettostromverbrauchs. Würde dies kurzfristig realisiert, würde dies die EEG-Umlage um etwa 0,5 Cent pro Kilowattstunde erhöhen.

    2. 2

      Das wirtschaftliche Potenzial der Solarversorgung durch Mieterstrommodelle im Wohnbereich und im Gewerbebereich ist derzeit nicht sicher abschätzbar.

      Bislang ist dieser Bereich nur ein kleiner Nischenmarkt, auch wegen der oft komplizierten Eigentümer-Nutzer-Konstellation. Dieser Markt wird wesentlich durch die politische Gestaltung der Rahmenbedingungen, insbesondere bei den Abgaben und Umlagen bestimmt.

    3. 3

      Die Politik sollte zügig einen stabilen Rechtsrahmen für Eigenversorgung und Mieterstrommodelle schaffen, der auch die damit verbundenen Umverteilungseffekte angemessen adressiert.

      In den vergangenen Jahren wurde die Eigenstromversorgung politisch sowohl gefördert als auch behindert – teilweise sogar gleichzeitig. Damit dauerhafte Geschäftsmodelle ermöglicht werden, die weder zulasten der anderen Stromverbraucher gehen noch in Zukunft rückwirkend entwertet werden, ist ein langfristig stabiler Ordnungsrahmen erforderlich.

    1. 1

      Deutschlands Klimaschutzziele für 2030, 2040 und 2050 bedeuten, dass etwa die Hälfte der deutschen Braunkohlevorräte unter der Erde bleibt.

      Die von Bundestag und Bundesregierung mehrfach einvernehmlich vereinbarten deutschen Klimaschutzziele bringen einen schrittweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung bis etwa zum Jahr 2040 mit sich. Im Ergebnis wird dann nur etwa die Hälfte der bereits genehmigten Braunkohlevorräte verbraucht.

    2. 2

      Die regionale Braunkohleplanung in den Revieren ist mit den deutschen Klimaschutzzielen derzeit nicht in Einklang zu bringen.

      Der geplante Aufschluss neuer Tagebauabschnitte in der Lausitz und Mitteldeutschland sowie die vorgesehene Braunkohleleitentscheidung in Nordrhein-Westfalen zielen auf Braunkohleabbaumengen ab, die mit den Klimaschutzzielen nicht vereinbar sind. Sie würden nur dann einen Sinn ergeben, wenn erwartet wird, dass die Bundespolitik von ihren Klimaschutzzielen abrückt.

    3. 3

      Ein „Runder Tisch Nationaler Kohlekonsens“ aus Bund, Ländern und betroffenen Akteuren sollte zügig die Bedingungen des Kohleausstiegs vereinbaren.

      Die betroffenen Regionen mit ihren Unternehmen und Beschäftigten haben ein Anrecht auf Planungssicherheit und Verlässlichkeit. Dies ist aufgrund der genannten Widersprüche aktuell nicht gegeben und kann nur durch einen Kohlekonsens zwischen Bund, Ländern und betroffenen Akteuren herbeigeführt werden.

    4. 4

      Der Strukturwandel in den Braunkohleregionen sollte aktiv gestaltet werden und vom Bund mit einem Braunkohlefonds in Höhe von 250 Millionen Euro pro Jahr gefördert werden.

      Mit dem Ende der Braunkohlenutzung fallen in der Lausitz, im Rheinischen Revier und in Mitteldeutschland Wertschöpfung und Beschäftigung weg. Die betroffenen Regionen dürfen mit dem Strukturwandel nicht allein gelassen werden. Ziel muss es sein, in einer konzertierten Aktion von Bund, Ländern, Regionen, betroffenen Unternehmen und gesellschaftlichen Initiativen über die nächsten 25 Jahre neue Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu schaffen.

    1. 1

      Das derzeitige System der Stromkennzeichnung wird dem Transparenzanspruch gegenüber dem Verbraucher nicht gerecht.

      Das reale Beschaffungsverhalten der Versorger wird nicht abgebildet, es fehlen Klima-Kennwerte und die Anteile des EEG-geförderten Stroms am Unternehmensmix unterscheiden sich, obwohl private Endverbraucher die gleiche EEG-Umlage bezahlen. Das ist nicht vermittelbar und  führt zu rechtlichen Risiken. Eine Revision der Stromkennzeichnung ist erforderlich.

    2. 2

      In einer Welt von absehbar mehr als 50 Prozent Erneuerbaren steigt das Interesse der Verbraucher an konkreten Energiewende-Stromprodukten.

      Der Ausbau der Erneuerbaren ist als Gesellschaftsprojekt über die EEG-Umlage organisiert, das  Interesse an Strom konkreter regionaler und technischer Herkunft steigt jedoch. Die Regelung,  wonach jeder Umlagezahler eine rein rechnerische Menge EEG-Strom pauschal zugewiesen bekommt, sollte entsprechend weiterentwickelt werden.

    3. 3

      Investitionssicherheit für Anlagenbetreiber und Ökostromprodukte aus EEG-Strom müssen kein Widerspruch sein.

      Der Blick ins europäische Ausland zeigt, wie eine staatlich garantierte Erneuerbare-Energien-Finanzierung mit handelbaren Herkunftsnachweisen kombiniert werden kann. Dies ist im Rahmen des geltenden EEG 2014 nicht darstellbar.

    4. 4

      Bei der Weiterentwicklung des EEG sollte die Vermarktung von gefördertem EEG-Strom ermöglicht werden.

      Wichtigstes Ziel ist dabei eine verbesserte Akzeptanz der Energiewende. Ein denkbarer Ansatz ist das europäische System der Herkunftsnachweise, verbunden mit einer revidierten und besser kontrollierten Stromkennzeichnung.

    1. 1
    2. 2

      Der Planungsprozess sollte von Anfang an alle ökonomisch vernünftigen Möglichkeiten zur Beschränkung des Netzzubaus einbeziehen.

      Abregelung von Einspeisespitzen, Lastmanagement, gezielte Standortwahl für neue Kraftwerke und innovative Betriebsmittel können den Netzausbaubedarf reduzieren.

    3. 3
    4. 4

      Dieses Netz stellt nicht mehr als ein Testergebnis für die Planungsmethode dar.

      Eshat keine Legitimation als Alternative zum bestehenden Netzentwicklungsplan, unter anderem, da es auf anderen Prämissen basiert, ohne Mitwirkung der Netzbetreiber und ohne öffentliche Konsultation sowie ohne Prüfung durch die Bundesnetzagentur entstanden ist.

    Projekte

    Aktuelle News

    Alle Inhalte

    Neuigkeiten auf der Website? Lassen Sie sich per E-Mail informieren!

    ]>