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Format
Pressemitteilung
Date
19. November 2018

Sprit, Heizöl und Gas teurer machen, damit Strom billiger und Klimaschutz bezahlbar wird

Agora Energiewende schlägt aufkommensneutrale Reform der Energiesteuern entlang von CO₂-Preisen vor. Klimafreundliche Gebäude und Elektromobilität sollen mit mehreren Milliarden im Jahr gefördert werden, ein Fonds soll Härtefälle abfedern

Sprit, Heizöl und Gas teurer machen, damit Strom billiger und Klimaschutz bezahlbar wird

Berlin, 19. November 2018. Um die Stagnation beim Klimaschutz in Deutschland zu beenden, schlägt Agora Energiewende vor, alle klimaschädlichen Energien mit CO2-Aufschlägen zu belasten. Dazu sollen die Energiesteuern auf die einzelnen Energieträger entsprechend ihrer Klimaschädlichkeit aneinander angeglichen werden. In der Folge würde Strom um 10 bis 25 Prozent günstiger, Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas würden teurer. Die Be- und Entlastungen für Verbraucher und Unternehmen sollen sich so die Waage halten. Ein Teil des Aufkommens soll auch genutzt werden, um Klimaschutzmaßnahmen direkt zu fördern und Härtefälle in der Bevölkerung und bei Unternehmen abzufedern.

Das von Agora Energiewende vorgestellte Impulspapier beruht auf einer Vielzahl von Vorschlägen aus der Fachwelt. Es kondensiert diese zu drei verschiedenen Varianten zur Erhebung und Rückverteilung der CO2-Aufschläge. Die CO2-Aufschläge orientieren sich entweder an ähnlichen Programmen in andere Ländern Europas oder an den Kosten der Schäden, die durch den Ausstoß des Treibhausgases Kohlenstoffdioxid (CO2) entstehen.

In der kleinsten der drei Varianten erfolgt ein einmaliger Aufschlag von umgerechnet 45 Euro pro Tonne CO2 auf die Benzin-, Diesel-, Heizöl- und Erdgaspreise. Im Gegenzug werden die Strompreise um rund 13 Prozent gesenkt (entsprechend vier Cent je Kilowattstunde) und ein Klimaschutzprogramm mit einem Volumen von jährlich 2,7 Milliarden Euro aufgelegt, um den Energieverbrauch von Gebäuden zu senken und die Ladeinfrastruktur für Elektroautos auszubauen. Ein solcher Aufschlag von 45 Euro je Tonne CO2 wird bereits heute in Frankreich auf Kraft- und Heizstoffe erhoben.

Die mittlere Variante wäre zunächst identisch mit der kleinen Variante. Allerdings würde der CO2-Beitrag danach jährlich um 10 Euro pro Tonne CO2 erhöht. Zudem würde das Steuerprivileg auf den vergleichsweise klimaschädlichen Diesel-Kraftstoff abgeschmolzen. Auch hierfür ist Frankreich Vorbild. Die Rückerstattung der Einnahmen könnte entweder über eine stärkere Senkung der Strompreise um rund 25 Prozent erfolgen oder aber über einen Energiewende-Bonus für die Bevölkerung und Unternehmen: Demnach würden im Jahr 2020 pro Kopf zunächst 120 Euro an die Bürgerinnen und Bürger erstattet, im Jahr 2024 dann 200 Euro. Unternehmen würden je 100.000 Euro Lohnsumme zunächst 120 Euro erhalten, 2024 dann 200 Euro. Ein ähnliches Modell existiert bereits heute in der Schweiz. Zudem würden in der mittleren Variante im Jahr 2024 rund 10 Milliarden Euro für die Energiewende im Verkehrs- und Wärmesektor zur Verfügung stehen sowie für einen „Wechsel-Fonds für die private Energiewende für besonders vom CO2-Aufschlag Betroffene“. Hieraus könnten zum Beispiel in alten Häusern Dämmung und Heizungssanierungen bezahlt werden oder Viel-Pendlern der Wechsel von einem Auto mit Verbrennungsmotor zu einem Elektro-Auto bezahlt werden.

In der großen Variante schließlich wird die Systematik von Umlagen und Steuern auf Energie vollständig reformiert. Alle Umlagen und Steuern würden zunächst komplett gestrichen und anschließend zum einen gegen einen CO2-Beitrag in Höhe von zunächst umgerechnet 125 Euro pro Tonne CO2 ersetzt. In dieser Höhe liegen derzeit die Schäden, die der Ausstoß von CO2 laut Umweltbundesamt verursacht. Werden die Emissionsziele des jeweiligen Sektors nicht erfüllt, erhöht sich der CO2-Beitrag für diesen Sektor im nächsten Jahr; werden die Ziele hingegen erreicht, so bleibt der CO2-Beitrag konstant. Zum anderen würde auf jede Energie ein Beitrag für die Infrastruktur erhoben, die zur Nutzung im jeweiligen Sektor nötig ist – bei Benzin und Diesel also ein Beitrag zur Finanzierung von Straßen. In der Wirkung wäre die große Variante zunächst mit der mittleren Variante vergleichbar, allerdings würde der Wechselfonds üppiger ausgestattet. Zusätzlich führt die große Variante im Stromsektor zu einer stündlich variablen Stromsteuer, wodurch die Nutzung von klimaschädlichem Strom verteuert und die von klimafreundlichem Strom verbilligt würde. Das würde den Einsatz von klimafreundlichem Strom im Wärme- und Verkehrsbereich beschleunigen.

„Die Fachwelt ist sich einig, dass Klimaschutz nur dann erfolgreich sein kann, wenn der Ausstoß von Treibhausgasen etwas kostet. Aktuell ist das Gegenteil der Fall: Klimaschädliches Heizöl ist so gut wie überhaupt nicht mit Abgaben und Umlagen belastet, klimaschädlicher Diesel wird privilegiert, klimafreundlicher Strom wird hingegen immer teurer. Gegen solche falschen Preissignale kann man überhaupt nicht anfördern“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Im Klimaschutzgesetz 2019 sollte daher eine CO2-orientierte Energiesteuerreform angelegt werden. Wenn die Politik sich aufgrund des medialen Verhetzungspotenzials nicht an dieses Thema herantraut, wird die Energiewende scheitern.“ Dann drohen dem Bundeshaushalt bis 2030 Belastungen in Höhe von bis zu 60 Milliarden Euro. Denn aufgrund rechtlich bindender Vereinbarungen auf europäischer Ebene müsste Deutschland seine unterlassenen Emissionsminderungen dann bei anderen EU-Staaten kaufen.

Die Studie „Eine Neuordnung der Abgaben und Umlagen auf Strom, Wärme, Verkehr -Optionen für eine aufkommensneutrale CO2-Bepreisung“ steht unten zum kostenfreien Download zur Verfügung. Sie wird heute auf einer Veranstaltung in Berlin vorgestellt und diskutiert.

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