Unsere wichtigsten Erkenntnisse

Stromerzeugung

  1. 1

    Die Energiekrise verursacht 2023 für Verbraucher:innen Mehrkosten für Strom und Erdgas von mehr als 100 Milliarden Euro gegenüber dem Vorkrisenniveau.

    Haushalte, die mit Erdgas schlecht gedämmte Gebäude heizen, sind außerordentlich belastet – auch bei mittlerem Einkommen. Die Wirtschaft steht ebenfalls zum Teil vor erheblichen Herausforderungen. Eine gezielte und ausreichende staatliche Unterstützung ist daher dringend erforderlich.

  2. 2

    Es bedarf einer Zufallsgewinnsteuer, um die Finanzierung der notwendigen Entlastungen zu unterstützen.

    Die Steuer sollte so ausgestaltet sein, dass sie mit einem moderaten Steuersatz alle fossilen Energieträger abdeckt und zugleich Anreize für neue Investitionen in Energieunabhängigkeit und Klimaschutz erhält. Damit birgt sie geringere Risiken für Umgehungsstrategien und für zukünftige Investitionen als eine Abschöpfung von Zufallsgewinnen über den Strommarkt.

  3. 3

    Die Grundsätze der Preisbildung am Strommarkt funktionieren und müssen erhalten bleiben.

    Eine Preissetzung durch das jeweils teuerste Kraftwerk zeigt die Kosten von zusätzlichem Stromverbrauch bzw. den Wert von Einsparungen korrekt an. Dieses Prinzip ist für die Integration von Erneuerbaren Energien zentral, denn nur so können etwa Wärmepumpen oder Elektroautos effizient und dynamisch auf den Strompreis reagieren.

  4. 4

    Investitionen in Erneuerbare Energien und Energieeffizienz gehören ins Zentrum der kurz- und mittelfristigen Krisenpolitik.

    Zusätzliches Angebot an Wind- und Solarenergie und effizientere Nachfrage sind Voraussetzungen für eine Normalisierung der Energiepreise und für eine ambitionierte Klimapolitik.

  1. 1

    Damit Deutschland in Zukunft genug Strom hat, müssen in Deutschland 145 Gigawatt Windenergie an Land und 385 Gigawatt PV-Leistung installiert sein.

    Der hier vorgestellte PV- und Windflächenrechner visualisiert auf Basis öffentlich zugänglicher Daten die PV-Frei- und Windflächen an Land, die grundsätzlich dafür genutzt werden können. Mit dem Tool können die Nutzer:innen ihren persönlichen Weg bis zum Erreichen der Klimaneutralität erkunden.

  2. 2

    Deutschland verfügt prinzipiell über genug Flächen, um den für die Klimaneutralität benötigten PV-Freiflächen- und Windstrom an Land herzustellen.

    Der Ausgleich unterschiedlicher Belange gelingt vor Ort leichter, wenn für den Bau von Windrädern die Nutzung von Wald und Landschaftsschutzgebieten nicht pauschal ausgeschlossen und der Mindestabstand zu Siedlungen variabel gestaltet wird und PV-Freiflächenanlagen auch außerhalb von benachteiligten Gebieten errichtet werden.

  3. 3

    In Deutschland kann ausreichend Strom aus PV-Freiflächen- und Windenergie erzeugt werden.

    Selbst solche Bundesländer, in denen vermeintlich wenig Flächen zur Verfügung stehen, besitzen Potenzial. Im Kern geht es bei der Flächenauswahl darum, die Interessen von Anwohnenden und den Schutz von Landschaft, Natur und gefährdeten Arten optimal auszugleichen.

  4. 4

    Durch die Auswahl von Teilflächen aus den grundsätzlich geeigneten Flächen kann die Energiewende vor Ort gestaltet werden.

    Nutzer:innen können mit dem PV- und Windflächenrechner simulieren, was die Entscheider in Ländern und Kommunen im Rahmen eines gerechten Interessensausgleichs bei der Ausweisung von PV-Frei- und Windflächen in der Realität umsetzen müssen.

  1. 1

    Die Treibhausgasemissionen sinken 2020 um gut 80 Mio. t CO2 und liegen damit etwa 42,3 Prozent unter dem Niveau von 1990. Etwa zwei Drittel des Rückgangs ist auf die Corona-Wirtschaftskrise zurückzuführen, Corona-bereinigt lägen die Emissionen bei -37,8 Prozent.

    Corona-bedingt sinken damit die Emissionen unter die 2020-Klimaziel-Marke von -40 Prozent. Hauptursachen für die geringeren Emissionen sind die Wirtschaftskrise (geringe Energienachfrage, gesunkene Industrieproduktion, Einbruch der Verkehrsnachfrage), höhere CO2-Preise im EU-Emissionshandel sowie ein milder Winter.

  2. 2

    Der Anteil Erneuerbarer Energien am Stromverbrauch erreicht 2020 mit 46,2 Prozent einen Höchstwert, zugleich hält die Zubaukrise bei der Windkraft weiter an.

    Im Vorjahr lag der Erneuerbaren-Anteil bei 42,4 Prozent, Corona-bereinigt läge er 2020 bei etwa 44,6 Prozent. Knapp die Hälfte des höheren Erneuerbare-Energien-Anteils 2020 geht damit auf die Corona-bedingt gesunkene Stromnachfrage zurück. Im Jahr 2021 könnte der Erneuerbare-Energien-Anteil aufgrund einer sich erholenden Stromnachfrage und des aktuell unzureichenden Erneuerbaren-Ausbaus erstmals seit etwa 20 Jahren sinken.

  3. 3

    Die Kohle ist weiter im Sinkflug: Braun- und Steinkohle tragen zusammen nur noch 24 Prozent zur Stromerzeugung bei, weniger als die Windkraft (Offshore und Onshore). In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Kohleverstromung halbiert.

    Selbst das moderne Kohlekraftwerk Moorburg beteiligte sich erfolgreich an der ersten Stilllegungs-Ausschreibung und geht 2021 nach nur gut fünf Jahren Betrieb vom Netz. Steigende CO2-Preise und niedrige Gaspreise verdrängen nicht nur Steinkohle-Kraftwerke, sondern zunehmend auch Braunkohle-Kraftwerke vom Markt.

  4. 4

    Der Europäische Rat hat im Dezember 2020 das EU-Klimaziel für 2030 auf mindestens -55 Prozent erhöht. Das bedeutet, dass auch Deutschland sein 2030-Ziel erhöhen muss: auf mindestens -65 Prozent.

    Im Jahr 2021 steht daher eine erhebliche Beschleunigung der Klimapolitik an: Auf EU-Ebene wird die EU-Kommission im Juni 2021 ein Paket an Maßnahmen präsentieren. Auch in Deutschland ist in allen Bereichen – Kohleausstieg, Erneuerbare Energien, Gebäudesanierung, Verkehrswende, Industrie, Landwirtschaft – eine klimapolitische Beschleunigung erforderlich, um die 2030-Ziele zu erreichen.

  1. 1

    Die aktuellen Beihilfevorgaben erschweren den schnellen, ambitionierten Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland.

    Zum einen, weil die Abstimmung mit der Europäischen Kommission erfahrungsgemäß sehr lange dauert. Zum anderen, weil die sogenannte endogene Mengensteuerung, die die Kommission fordert, die jährlich möglichen Ausschreibungsmengen deutlich begrenzt und so dem notwendigen Ausbau im Wege steht.

  2. 2

    Es ist möglich, neue Wind- und Solaranlagen über ein neues, schlankeres und beihilfefreies EEG II abzusichern:

    Die Bestandsanlagen bleiben im Finanzierungssystem des EEG 2021, das aufgrund der Bundeszuschüsse zur EEG-Umlage klar als Beihilfe einzuordnen ist. Die Absicherung kostengünstiger Neuanlagen könnte über Ausschreibungen in einem entschlackten EEG II erfolgen, das beim Finanzierungsmechanismus dem Urteil des EuGH folgt und keine Beihilfe ist.

  3. 3

    Eine EEG-Umlage nahe Null ist auch in einem solchen Modell möglich.

    Der „Kostenrucksack“ der Bestandsanlagen im EEG 2021 könnte über Bundeszuschüsse auf Null gesenkt werden. Die Absicherung des künftigen Ausbaus von Wind und Solar im EEG II verursacht kaum Kosten, gerade bei hohen CO2-Preisen. Beschränkt man den neuen Finanzierungsmechanismus auf den Ausbau dieser Technologien, ist die verbleibende EEG-Umlage daher ebenfalls nahe Null.

  4. 4

    Ein neues, beihilfefreies und schlankeres EEG II zur Absicherung des großskaligen Ausbaus von Wind- und Solaranlagen ist der nächste Schritt zu einem neuen Marktdesign für eine Welt mit 100% Erneuerbaren.

    Die Bundesregierung sollte rasch Gespräche mit der EU-Kommission aufnehmen, um auf diesem Weg voranzuschreiten – und mittelfristig ein neues Marktdesign zu etablieren, das die Beihilfe-Diskussionen bei Erneuerbaren Energien überflüssig macht.

  1. 1

    Für die Erneuerbaren-Ausbauziele ist es essenziell, dass bestehende Solarstromanlagen möglichst lange laufen.

    Alt-Solaranlagen, deren Strom vollständig ins Netz eingespeist wird, sollten nach 20 Jahren daher automatisch eine Vergütung vom Netzbetreiber erhalten, die sich an den Vermarktungserlösen für den eingespeisten Strom orientiert. Das Angebot muss so gestaltet sein, dass für Anlagenbetreibe-rinnen und -betreiber, deren EEG-Förderung endet, nichts Weiteres zu tun ist. Die Vergütungshöhe sollte dabei sicher die laufenden Kosten der Anlage (Versicherungskosten, Wartung) abdecken.

  2. 2

    Die Solar-Eigenverbrauchsregelungen für kleine Dachanlagen müssen dringend vereinfacht und systematisiert werden.

    So sollte der Eigenverbrauch aus einfachen Solardachanlagen bis 7 Kilowatt für Prosumer unkompli-ziert ausgestaltet sein, es darf – egal ob die Anlage alt oder neu ist – kein zusätzlicher Aufwand für die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer entstehen. Hierfür sollten die Netzbetreiber ein neues Prosumer-Standardlastprofil erarbeiten und so dieses Kundensegment erfassen und abrechnen.

  3. 3

    Bei größeren Solaranlagen und sobald Prosumer neben der Solaranlage auch über einen Stromspeicher, eine Wärmepumpe und/oder ein E-Fahrzeug verfügen, soll der Markt über dynamische Bepreisung die Optimierung des Eigenverbrauchs regeln.

    In diesen Fällen sollten Smart Meter zum Standard werden, damit Stromerzeugung- und -verbrauch viertelstündlich gemessen und abgerechnet werden. Eine Optimierung des Eigenverbrauchs orientiert sich dann an den Börsenstrompreisen und ist damit grundsätzlich systemkonform. Perspektivisch muss dies um zeitvariable Netzentgelte ergänzt werden.

  4. 4

    Das Zielmodell muss es sein, dass alle Dächer für Solar genutzt werden – und dies ähnlich attraktiv ist, egal ob eine optimierte Eigenverbrauchslösung oder eine Volleinspeisung dahinter steht.

    Hierfür ist eine Reform der Abgaben und Umlagen auf Strom sowie die Einführung von lokal diffe-renzierten, zeitvariablen Netzentgelten nötig. So kann das Solarpotenzial der Dächer voll erschlos-sen werden, egal ob durch Prosumer oder Volleinspeiser.

  1. 1

    Die Treibhausgasemissionen in Deutschland sinken 2019 aufgrund eines starken Rückgangs bei Braun- und Steinkohle um über 50 Millionen Tonnen CO2 und liegen damit etwa 35 Prozent unter dem Niveau von 1990.

    Demgegenüber sind die CO2-Emissionen bei Gebäuden und im Verkehr durch mehr Erdöl- und Erdgasverbrauch angestiegen. Hauptursache des CO2-Rückgangs sind höhere CO2-Preise im EU-Emissionshandel, ein deutlicher Zuwachs bei den Erneuerbaren und ein gesunkener Stromverbrauch. Im Verkehr sorgte der steigende Anteil an SUVs für einen Anstieg der Emissionen.

  2. 2

    Die Erneuerbaren Energien liefern 2019 mit knapp 43 Prozent des Stromverbrauchs einen neuen Rekord - aber aufgrund des Zusammenbruchs beim Windausbau auf nur noch ein Gigawatt pro Jahr startet die Energiewende in die 2020er mit einer schweren Hypothek.

    Während die Erneuerbaren in den letzten Jahren kontinuierlich um 15 Terawattstunden pro Jahr anwuchsen, wird der Mangel an Windflächen und -genehmigungen den weiteren Aufwuchs spürbar bremsen. Schnelles politisches Handeln ist jetzt gefragt, um die Erneuerbaren-Ziele für 2030 tatsächlich zu erreichen.

  3. 3

    Bei den Kosten der Erneuerbaren Energien ist der Scheitelpunkt in Sicht: Die EEG-Umlage steigt zwar 2020 nochmal auf 6,77 Cent je Kilowattstunde, aber spätestens ab 2022 zeigen sich die gesunkenen Kosten der Erneuerbaren Energien auch in einer sinkenden EEG-Umlage.

    Ältere, teure Anlagen fallen dann zunehmend aus der Förderung. Zudem soll ab 2021 ein Teil der Einnahmen aus dem Brennstoffemissionshandelsgesetz zur Senkung der EEG-Umlage verwendet werden. Der Strompreis dürfte in der Folge in den 2020ern nicht mehr steigen, sondern leicht fallen.

  4. 4

    Für die Bevölkerung war 2019 "Klimaschutz/Energiewende" das Top-Thema bei der Frage nach den wichtigsten Problemen - deutlich vor "Migration/Integration" (Platz 2) und "Renten" (Platz 3). Die Klima- und Energiepolitik hat dies jedoch nicht abgebildet.

    So reicht das im September von der Bundesregierung beschlossene Klimapaket nicht aus, um die 2030er-Klimaschutzziele zu erreichen. Insbesondere bei Verkehr, Gebäude und Industrie besteht erheblicher Nachbesserungsbedarf.

  1. 1

    Wind, Sonne und Co. erzeugen 2018 erstmals so viel Strom wie die Kohle: Die Erneuerbaren liefern 38,2 Prozent des Stromverbrauchs und damit gleich viel wie Stein- und Braunkohle zusammen.

    Möglich wurde dies durch ein starkes Solarjahr bei Zubau und Erzeugung. Auch der Windstrom legte zu, wenn auch deutlich weniger als in den Vorjahren, während die Wasserkraft aufgrund der Dürre zurückging. Für die kommenden Jahre ist ein deutlich höherer EE-Zubau notwendig, verbunden mit einer proaktiven Sektorkopplung, um die 2030-Energiewende-Ziele in allen Sektoren umzusetzen.

  2. 2

    Die CO2-Emissionen Deutschlands sinken 2018 deutlich um über 50 Millionen Tonnen, könnten 2019 aber schnell wieder steigen.

    Denn die Ursache für den Rückgang war weniger Klimaschutz, als vielmehr ein stark gesunkener Energieverbrauch auf das Niveau von 1970. Die wesentlichen Faktoren hierfür waren die milde Witterung im Winter und der damit verbundene niedrigere Heizbedarf, ein leicht gesunkenes Produktionsniveau bei Teilen der energieintensiven Industrien sowie zeitweilig stark gestiegene Ölpreise.

  3. 3

    Die Steinkohle verabschiedet sich aus dem Energiemix Deutschlands: Sie fällt auf ihr niedrigstes Niveau seit 1949 und liefert nur noch zehn Prozent des Primärenergieverbrauchs.

    Damit geht im Jahr 2018 nicht nur die Ära der Steinkohleförderung zu Ende, auch ihr Nutzungsende in der Stromversorgung ist absehbar. Anders bei der Braunkohle, die fast unverändert 22,5 Prozent der deutschen Stromerzeugung deckte. Die Kohlekommission, die im Februar 2019 ihre Empfehlungen abgeben soll, wird daher vor allem für die Braunkohle klare Regelungen vorschlagen müssen.

  4. 4

    Der CO2-Preis hat 2018 mit knapp 15 Euro pro Tonne im Jahresmittel das höchste Niveau der letzten zehn Jahre erreicht, die 2018 beschlossene Reform des EU-Emissionshandels zeigt damit erste Wirkungen.

    So ist der Rückgang der Steinkohle im Stromsektor vor allem auf die höheren CO2-Preise zurückzuführen. Auch haben die durch die gestiegenen CO2-Preise erhöhten Börsenstrompreise erste Kaufverträge für Strom aus Windanlagen außerhalb des EEG-Regimes möglich gemacht. Dies zeigt, dass eine stärkere Bepreisung von CO2 deutliche Klimaschutzeffekte am Markt auslösen kann.

  1. 1

    Das Ergebnis der Kohlekommission ist ein Meilenstein für die energiepolitische Debatte: Als führendes Industrieland steigt Deutschland sowohl aus der Kernenergie als auch aus der Kohle aus und setzt voll auf Erneuerbare Energien.

    Deutschlands Wirtschaftsaufschwung basierte jahrzehntelang auf heimischer Stein- und Braunkohle, in Zukunft wird der Wohlstand nun durch ein Erneuerbare-Energien-Stromsystem garantiert.

  2. 2

    Die Vorschläge der Kommission führen bei vollständiger Umsetzung bis 2038 zu einer CO₂-Einsparung von etwa einer Milliarde Tonnen CO₂.

    Ohne eine Umsetzung des Kohlekompromisses würden die CO₂-Emissionen der Kohlekraftwerke nur langsam sinken. Der Kohlekompromiss reicht jedoch nicht aus, um das deutsche Klimaschutzziel für 2030 sicher zu erreichen. Hierfür braucht es noch erhebliche zusätzliche Maßnahmen, vor allem im Industrie-, Gebäude- und Verkehrssektor.

  3. 3

    Der Kohlekompromiss rückt den Strukturwandel ins Zentrum und schafft faire Übergangsbedingungen für die Kohleregionen und Beschäftigten.

    Kernbestandteil des Kompromisses ist es, dass keiner der Beschäftigten ins Bergfreie fällt und die Regionen ausreichend Zeit und Mittel zur Verfügung haben, den Wandel proaktiv zu gestalten. Hierfür soll der Bund 2 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung stellen - was insbesondere in Ostdeutschland auch als Ausgleich für strukturpolitische Versäumnisse seit der deutschen Wiedervereiningung verstanden werden kann.

  4. 4

    Auch wenn die Kohlekommission 2038 als Enddatum nennt, dürfte der Kohleausstieg letztlich schneller kommen.

    Denn zum einen benennt der Kohlekompromiss selbst das Jahr 2035 als frühere Ausstiegsoption. Zum anderen bieten die vorgesehenen Überprüfungsdaten 2023, 2026, 2029 und 2032 der Politik die Möglichkeit, einer sich verschärfenden Klimakrise mit weiteren Klimamaßnahmen zu begegnen. Auf Basis des von der Kommission vorgelegten Rahmens ist eine sozial verträgliche Beschleunigung des Kohleausstiegs möglich.

Aus Studie : Die Kohlekommission
  1. 1

    Das von der Bundesregierung festgelegte Klimaschutz-Sektorziel für die Energiewirtschaft bedeutet, dass die installierte Leistung der Kohlekraftwerke von heute 46 Gigawatt bis 2030 auf rund 16 Gigawatt reduziert werden muss.

    Die verbleibenden Kraftwerke produzieren dann noch rund 82 Terawattstunden Strom und stoßen noch etwa 80 Millionen Tonnen CO2 aus. Das entspricht gegenüber heute einer Reduktion um 66 Prozent.

  2. 2

    Der Ausbau der Erneuerbaren Energien auf 65 Prozent kann die wegfallenden Kohlestrommengen bis 2030 nahezu vollständig kompensieren, Deutschland bleibt Stromexporteur.

    Kohle- oder Atomkraftwerke in den Nachbarländern profitieren so nicht vom deutschen Kohleausstieg. Um die Versorgungssicherheit trotz geringerer Kohlekraftwerksleistung sicher zu gewährleisten, sind neben mehr Lastmanagement und der weiteren Integration des europäischen Stromverbunds zusätzliche Gasanlagen nötig.

  3. 3

    Der Ausbau der Erneuerbaren Energien auf 65 Prozent bis 2030 senkt die Börsenstrompreise stärker als sie durch den Kohleausstieg ansteigen.

    Im Ergebnis liegen sie in der Kombination von schrittweisem Kohleausstieg und 65 Prozent Erneuerbaren um vier Euro je Megawattstunde niedriger als ohne weitere Maßnahmen zu erwarten ist. Nicht-privilegierte Haushalts- und Gewerbekunden zahlen letztlich vergleichbare Endkundenpreise, da der niedrigere Börsenstrompreis durch eine leicht höhere EEG-Umlage ausgeglichen wird.

  4. 4

    Die stromintensive Industrie kann von einem schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien bei gleichzeitiger Rückführung der Kohleverstromung profitieren.

    Sie kommt in den Genuss der sinkenden Börsenstrompreise, ist jedoch von der EEG-Umlage weitestgehend befreit. Voraussetzung hierfür ist, dass ihre Privilegierungen beim EEG und der CO2-Strompreiskompensation auch nach 2020 beibehalten werden. Dies ist aber – mit oder ohne Kohleausstieg – für die Erhaltung ihrer Wettbewerbsfähigkeit ohnehin notwendig.

  1. 1

    Das 65-Prozent-Ziel der Bundesregierung zum Ausbau Erneuerbarer Energien erfordert fast 400 Terawattstunden Strom aus den sauberen Quellen im Jahr 2030.

    Dafür müssen jährlich mindestens fünf Gigawatt Photovoltaikleistung und vier Gigawatt Onshore-Windkraft neu installiert werden. Für die Photovoltaik bedeutet dies eine Verdoppelung des Zubaus, für Onshore-Windkraft das Halten des hohen Niveaus der letzten Jahre. Bei Offshore-Windkraft muss das Ausbauziel für 2030 von 15 Gigawatt auf 20 Gigawatt angehoben werden, gleichbedeutend mit einer Wiederannäherung an die Offshore-Ausbauziele früherer Bundesregierungen.

  2. 2

    Bei Umsetzung eines Zwölf-Punkte-Programms zur Netzmodernsierung kann das deutsche Stromnetz bis 2030 etwa 65 Prozent Erneuerbare Energien aufnehmen.

    Eine Kombination aus technischen Neuerungen, Regionalsteuerung beim Zubau der Erzeugungsanlagen und intelligenter Verteilung der Stromflüsse erlaubt eine gegenüber heute wesentlich höhere Auslastung bestehender Netze.

  3. 3

    Bis 2030 wird das bestehende Stromnetz vom heutigen „Handbetrieb“ auf einen zunehmend automatisierten Netzbetrieb umgestellt.

    Der schrittweise Übergang Richtung Netzsteuerung in Echtzeit erlaubt ebenfalls eine bessere Auslastung vorhandener Netze, ohne Einschnitte bei der Netzsicherheit in Kauf nehmen zu müssen. Die zunehmende Digitalisierung ebnet hierfür den Weg.

  4. 4

    Die im Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) geplanten Gleichstromautobahnen (HGÜ) sollten so dimensioniert werden, dass weitere Großprojekte weder bis 2030 noch danach bis zur Vollendung der Energiewende erforderlich werden.

    Dies bedeutet entweder eine Aufstockung der Übertragungsleistung der geplanten Trassen oder die Verlegung von Leerrohren in diesen Trassen, in die später bedarfsgerecht zusätzliche Kabel eingezogen werden können.

  1. 1

    Die Erneuerbaren im Stromsektor decken inzwischen 36 Prozent des Verbrauchs und sind weiter auf Rekordkurs.

    Vor allem die Windenergie hat aufgrund des weiteren Zubaus und eines guten Windjahrs zu einem Rekordzuwachs der Erneuerbaren geführt. Wind lag 2017 im Strommix erstmals vor der Steinkohle und der Atomkraft, die beide auf das niedrigste Niveau seit 1990 fallen. Weil die Erneuerbaren-Anteile bei Wärme und Verkehr aber stagnieren, ist das 2020-Erneuerbaren-Ziel für den Gesamt-Energieverbrauch nur zu erreichen, wenn der Erneuerbare-Energien-Zubau im Stromsektor auch in den kommenden Jahren so hoch bleibt.

  2. 2

    Der Energieverbrauch steigt 2017 erneut.

    Sowohl Primärenergie- als auch Stromverbrauch steigen jeweils um etwa 0,8 Prozent. Die Energieeffizienz-Fortschritte sind damit zu gering, um die gegenläufigen Trends aus Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum auszugleichen oder sogar zu überkompensieren. Es wird damit nahezu unmöglich, die von der Bundesregierung im Energiekonzept 2010 beschlossenen Energieeffizienzziele für 2020 (minus 20 Prozent Primärenergie- und minus 10 Prozent Stromverbrauch gegenüber 2008) zu erreichen. 

  3. 3

    Die Treibhausgasemissionen stagnieren 2017 das dritte Jahr in Folge.

    Während im Stromsektor die Emissionen infolge des Rückgangs der Steinkohle auch 2017 leicht sinken, erhöhen sie sich insbesondere im Verkehrs-, Gebäude- und Industriesektor aufgrund des höheren Mineralöl- und Erdgasverbrauchs. Schreibt man den im Jahr 2000 begonnen Trend fort, wird Deutschland im Jahr 2020 seine Emissionen nur um 30 Prozent statt wie geplant um 40 Prozent gegenüber 1990 senken.

  4. 4

    Die Strompreise steigen leicht, während die Erneuerbaren billiger werden.

    Die Börsenstrompreise stiegen 2017 aufgrund höherer Brennstoffpreise leicht, wodurch die Haushaltsstrompreise 2018 erstmals 30 Cent pro Kilowattstunde überschreiten dürften. Im Gegensatz dazu haben die Erneuerbare-­Energien-Auktionen 2017 gezeigt, wie billig Wind und Solar inzwischen sind: Die garantierte Vergütung für eine Kilowattstunde Solarstrom sank auf unter 5 Cent, die für Onshore-Windkraft auf unter 4 Cent und die für Offshore-Windkraft auf unter 2 Cent. 

  1. 1

    Die Reform des ETS (Emissions Trading System) vom April 2018 hat den europäischen Emissionshandel wiederbelebt.

    Nachdem er in den letzten Jahren weitestgehend wirkungslos gewesen war, haben sich die CO₂-Preise binnen eines Jahres auf rund 15 Euro pro Tonne erhöht und zeigen damit, dass das Instrument des ETS wieder ein gewisses Grundvertrauen genießt.

  2. 2

    Der Wasserbetteffekt des EU-Emissionshandels ist Geschichte. Ähnlich einem Badewannen-Überlaufventil sorgen neue Regelungen im ETS dafür, dass nationale Klimaschutzinstrumente auch zur Löschung von Zertifikaten führen.

    So werden ab 2023 große Teile der Überschussmengen im Emissionshandel gelöscht, zudem können nationale Mitgliedstaaten bei einem Kohleausstieg die entsprechend frei werdenden CO₂-Zertifikate stilllegen.

  3. 3

    Es ist derzeit noch völlig offen, ob durch diese Reform das Cap des EU-Emissionshandels tatsächlich begrenzend wirkt und somit signifikante Emissionsminderungen auslöst.

    In einem solchen Szenario würden sich im Verlauf der 2020er-Jahre Knappheitspreise entsprechend der CO₂-Vermeidungskosten einstellen. Weil es aber aufgrund des europaweiten Zubaus von Erneuerbaren Energien und des Trends von Steinkohle zu Erdgas zu erheblichen Ohnehin-Minderungen kommt, ist es genauso wahrscheinlich, dass der EU-ETS auch mittelfristig einen hohen Zertifikateüberschuss behält.

Aus Studie : Vom Wasserbett zur Badewanne
  1. 1

    Der Kohleausstieg wird sich erheblich beschleunigen.

    Das Kohleausstiegsgesetz sieht bisher die Stilllegung aller Braunkohlenkraftwerke bis spätestens 2038 vor. Um das Sektorziel der Energiewirtschaft für das Jahr 2030 des Klimaschutzgesetzes einzuhalten, ist jedoch eine weitgehende Reduzierung der Emissionen aus der Braunkohlenverstromung schon bis zum Jahr 2030 notwendig. Die neue Bundesregierung hat sich deshalb das Ziel gesetzt, den Kohleausstieg idealerweise bis 2030 abzuschließen.

  2. 2

    Der ökonomische Druck auf Braunkohlenkraftwerke wird spätestens ab 2024 wieder deutlich zunehmen.

    Der Anstieg der CO₂-Preise auf über 60 Euro pro Tonne CO₂ hat bewirkt, dass viele Braunkohlenkraftwerke ihre Betriebskosten perspektivisch nicht mehr decken können. Aufgrund des Anstiegs der Erdgaspreise hat sich der ökonomische Druck auf die Braunkohlenkraftwerke im Laufe des Jahres 2021 und auch für 2022 etwas entspannt. Ab spätestens 2024 ist jedoch zu erwarten, dass sich der Kohleausstieg marktgetrieben deutlich beschleunigen wird. Die im Koalitionsvertrag für 2021–2025 niedergelegten Regelungen, über die der CO₂-Preis bei mindestens 60 Euro liegen soll, wird diesen Prozess flankieren.

  3. 3

    Die aktuelle Planung der Braunkohlentagebaue sollte zeitnah an den sich beschleunigenden Ausstieg aus der Braunkohle angepasst werden.

    Die Planungen für die Braunkohlentagebaue orientieren sich bisher überwiegend an einem Kohleausstieg bis 2038. Um Risiken zu vermeiden, sollte die Tagebauplanung auf einen sich beschleunigenden Kohleausstieg bis 2030 angepasst und das bestehende System der Rückstellungen zur Wiedernutzbarmachung der Tagebaue umfassend überprüft werden. Auch hier entstehen mit dem Koalitionsvertrag 2021–2025 neue Prüfungs- und Handlungsbedarfe.

  1. 1

    Dem Umbau der Braunkohlenwirtschaft kommt bei der Energiewende eine Schlüsselrolle zu.

    Denn Braunkohle ist der klimaschädlichste Energieträger, 46 Prozent der CO₂-Emissionen des Stromsektors gehen auf die Braunkohle zurück – das ist mehr als der CO₂-Ausstoß des gesamten Straßenverkehrs. Die Klimaschutzziele Deutschlands lassen sich ohne eine deutliche Reduktion der Braunkohlenutzung nicht erreichen.

  2. 2

    Die Braunkohlenindustrie war in der Vergangenheit ein bedeutender Wirtschaftsfaktor, hat heute aber nur noch regionalwirtschaftliche Relevanz.

    Während die Braunkohlenindustrie im 20. Jahrhundert für die Energieversorgung in West- und Ostdeutschland zentral war, spielt sie für die deutsche Volkswirtschaft heute eine untergeordnete Rolle. Für die drei Förderreviere im Rheinland, in Mitteldeutschland und in der Lausitz ist sie jedoch von hoher regionalwirtschaftlicher Bedeutung, die über die Zahl der insgesamt rund 19.000 aktiv Beschäftigten hinausgeht.

  3. 3

    Braunkohlekraftwerke stehen derzeit unter starkem ökonomischen Druck.

    Aufgrund der niedrigen Börsenstrompreise können neuere Braunkohlekraftwerke zwar die Betriebskosten des Kraftwerks und der angeschlossenen Tagebaue decken, jedoch nicht mehr die Kapitalkosten der Investition. Für ältere Braunkohlekraftwerksblöcke lohnen sich größere Erhaltungs- oder Erweiterungsinvestitionen in den liefernden Tagebauen nicht mehr. Sobald bei diesen Tagebauen fixe Betriebskosten in größerem Umfang reduziert werden können, ist eine Stilllegung wirtschaftlicher als der Weiterbetrieb.

  4. 4

    Der Braunkohlenbergbau ist durch ein hohes Maß an langfristig angelegter Regulierung und Planungsprozesse gekennzeichnet.

    Ökologische und energiewirtschaftliche Anpassungen müssen deshalb frühzeitig und über einen Prozess vorausschauender Strukturveränderungen gestaltet werden.

  1. 1

    Erneuerbare Energien sind auf Rekordkurs.

    Im Jahr 2015 hat die Stromproduktion aus Windenergie um 50 Prozent zugelegt, Erneuerbare Energien erzeugten 2015 mehr Strom als jemals ein anderer Energieträger in Deutschland. Sie decken inzwischen fast ein Drittel (32,5 Prozent) des inländischen Stromverbrauchs und dominieren das Stromsystem.

  2. 2

    Der Kohlestromexport erreicht ein Allzeithoch.

    Trotz der stark gestiegenen Stromproduktion aus Erneuerbaren Energien blieb die Stromproduktion aus Stein- und Braunkohle weitgehend konstant. Sie ging aber zunehmend in den Export, dieser erreichte mit physikalischen Stromflüssen von per Saldo 50 Terawattstunden ein Allzeithoch. Gemessen an den Handelsflüssen werden saldiert sogar mehr als 60 Terawattstunden netto exportiert, das sind 50 Prozent mehr als im Vorjahr oder etwa zehn Prozent der Stromproduktion.

  3. 3

    Die Dekarbonisierung des Energiesystems stagniert.

    Die CO?-Emissionen des deutschen Kraftwerksparks lagen 2015 aufgrund der konstanten Kohleverstromung in etwa auf Vorjahresniveau, die gesamten energiebedingten Treibhausgasemissionen stiegen witterungsbedingt leicht an. Ohne eine konsistente Dekarbonisierungsstrategie für Strom, Wärme und Verkehr wird Deutschland seine Klimaschutzziele nicht erreichen können.

  4. 4

    Die Börsenstrompreise sind weiter in freiem Fall.

    Deutschland hatte 2015 mit 31,60 Euro pro Megawattstunde nach Skandinavien die zweitniedrigsten Börsenstrompreise in Europa, am Terminmarkt wird Strom für die nächsten Jahre schon für unter 30 Euro gehandelt. Die Haushaltsstrompreise dürften 2016 wegen gestiegener Abgaben und Umlagen dennoch leicht steigen und das Niveau von 2014 wieder erreichen.

  1. 1

    Die Eigenstromversorgung durch Solar-Speicher-Systeme in Ein- und Zweifamilienhäusern, Landwirtschaft und Lebensmittelhandel bleibt überschaubar. Sie wird bis 2035 insgesamt maximal gut 44 Terawattstunden pro Jahr erreichen.

    Darin enthalten ist ein erheblicher Anteil an Strom für zusätzliche Wärmeanwendungen, sodass die Eigenversorgung jährlich maximal 24 Terawattstunden des heutigen Strombezugs aus dem Netz ersetzt. Das entspricht rund fünf Prozent des heutigenNettostromverbrauchs. Würde dies kurzfristig realisiert, würde dies die EEG-Umlage um etwa 0,5 Cent pro Kilowattstunde erhöhen.

  2. 2

    Das wirtschaftliche Potenzial der Solarversorgung durch Mieterstrommodelle im Wohnbereich und im Gewerbebereich ist derzeit nicht sicher abschätzbar.

    Bislang ist dieser Bereich nur ein kleiner Nischenmarkt, auch wegen der oft komplizierten Eigentümer-Nutzer-Konstellation. Dieser Markt wird wesentlich durch die politische Gestaltung der Rahmenbedingungen, insbesondere bei den Abgaben und Umlagen bestimmt.

  3. 3

    Die Politik sollte zügig einen stabilen Rechtsrahmen für Eigenversorgung und Mieterstrommodelle schaffen, der auch die damit verbundenen Umverteilungseffekte angemessen adressiert.

    In den vergangenen Jahren wurde die Eigenstromversorgung politisch sowohl gefördert als auch behindert – teilweise sogar gleichzeitig. Damit dauerhafte Geschäftsmodelle ermöglicht werden, die weder zulasten der anderen Stromverbraucher gehen noch in Zukunft rückwirkend entwertet werden, ist ein langfristig stabiler Ordnungsrahmen erforderlich.

  1. 1

    Dezentralität entwickelt sich dauerhaft zu einem neuen Strukturmerkmal der Stromwirtschaft.

    Denn zentrale Technologien der Energiewende (Windkraft, Solarenergie, Stromspeicher, Elektromobilität, Wärmepumpen) bringen eine wesentlich verteiltere Struktur mit sich, die nicht mit immer mehr Netzausbau beantwortet werden kann. Zudem gibt es sowohl ökonomische als auch starke politische und soziale Treiber in Richtung Eigenversorgung und regionale Lösungen.

  2. 2

    Dezentralität ist kein Wert an sich, sondern muss sich netztopologisch, ökonomisch oder aufgrund von sozialen beziehungsweise politischen Präferenzen begründen lassen.

    Der Mehrwert dezentraler Lösungen ist oft nicht monetärer Natur (zum Beispiel größere Akzeptanz, breitere Teilhabe) und muss als solcher politisch bewertet werden. Ökonomisch liegt der Wert in der Regel in vermiedenem Netzausbau, für den bisher jedoch ein monetäres Maß fehlt, oder in dem Befriedigen einer Regionalitätspräferenz der Verbraucher, für die jedoch der Marktrahmen fehlt.

  3. 3

    Wir brauchen einen Ordnungsrahmen für Dezentralität bei Entgelten, Abgaben und Umlagen.

    Das bisherige System der dezentralitätsbedingten Ausnahmen bei Netzentgelten, Steuern, Abgaben und Umlagen ist hochgradig willkürlich und chaotisch. Es sollte überführt werden in eine klare Struktur, bei der die Höhe der Entgelte, Steuern, Abgaben und Umlagen differenziert wird nach drei Ebenen: (1) Erzeugung und Verbrauch ohne Nutzung des öffentlichen Netzes, (2) Erzeugung und Verbrauch innerhalb einer Stromregion sowie (3) überregionaler Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch.

Aus Studie : Energiewende und Dezentralität
  1. 1

    Energiewendeszenarien müssen alle Sektoren und Emissionen gemäß Kyoto-Protokoll umfassen.

    Denn der stärkste Treiber für abweichende Ergebnisse im Strombedarf sind unterschiedliche Interpretationen der Klimaschutzziele sowie unterschiedliche Abdeckungen der nichtenergetischen Emissionen. Für mehr Vergleichbarkeit sollten öffentliche Auftraggeber hier für mehr Klarheit bei zentralen Annahmen sorgen.

  2. 2

    Für robuste Ausbaupfade der Erneuerbaren Energien stellt die Annahme zur Verfügbarkeit von Biomasse eine wichtige Einflussgröße dar.

    Die Annahmen zu Biomasseimporten beeinflussen den Strombedarf erheblich; die Spannbreite liegt zwischen 0 und 200 Terawattstunden (Primärenergie) im Jahr 2050. Geht man davon aus, dass Biomasse aufgrund von Nutzungskonkurrenzen und steigender Bevölkerung weltweit ein knappes Gut sein wird, bedeutet dies einen entsprechend höheren Stromeinsatz im Verkehr.

  3. 3

    Ohne ambitionierte Effizienzsteigerungen insbesondere im Wärmesektor erhöht sich der Strombedarf deutlich.

    Die Annahme hoher Dämmstandards bei der Gebäudesanierung halbiert den Wärmebedarf der betreffenden Haushalte. Wird dieses Effizienzniveau nicht erreicht, könnte der Stromverbrauch 2050 um 100 Terawattstunden pro Jahr höher ausfallen. Aber auch bei Industrie und allgemeinem Verbrauch ist Effizienz entscheidend für die Stromverbrauchsannahmen.

  4. 4

    Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss die wachsende Bedeutung von Strom berücksichtigen.

    Der Strombedarf wird 2050 höher liegen, als bislang vielfach angenommen, wenn das Klimaschutzziel nach Kyoto eingehalten, Biomasse für den Verkehr nur begrenzt verfügbar und die energetische Gebäudesanierung nicht vollständig realisiert wird. Ein Windkraft- und Photovoltaikausbau von 2,5 Gigawatt netto pro Jahr gemäß EEG 2014 reicht dann nicht aus.

  1. 1

    Die KWK soll ihre Effizienzvorteile in die Energiewende einbringen – in einem fairen Wettbewerb mit anderen Technologien.

    KWK ist eine von mehreren Optionen, die zu Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Effizienz im Stromsystem beitragen können. Sie muss sich diesem Wettbewerb stellen. Die KWK-Förderung muss deshalb in ein Energiewende-Marktdesign eingebettet werden.

  2. 2

    Die KWK-Förderung muss den Klimaschutzeffekt der KWK gezielt belohnen.

    Das Ziel der Energiewende ist der Klimaschutz. Gas-KWK-Anlagen haben einen deutlich höheren Klimaschutzeffekt als Kohle-KWK-Anlagen. Solange die CO2-Preise im Emissionshandel diesen Wert nicht spiegeln, sollte das KWK-G gezielt klimaschonende Gas-KWK unterstützen.

  3. 3

    Die KWK-Förderung muss die Flexibilität der Anlagen belohnen.

    Damit das Stromsystem Erneuerbare Energien bestmöglich integrieren kann, braucht es flexible Kraftwerke. Auch die KWK muss deshalb technisch flexibler werden. Darüber hinaus muss die KWK-Förderung Anreize für systemdienliche Betriebsentscheidungen schaffen, indem Zuschläge bei negativen Preisen ausgesetzt werden.

  4. 4

    Die Verzerrung von Betriebs- und Investitionsentscheidungen durch die indirekte KWK-Förderung sollte dringend abgebaut werden.

    Die größte KWK-Förderquelle ist nicht die KWK-G-Förderung, sondern die Vermeidung von Abgaben und Umlagen durch Selbstverbrauch. Selbst verbrauchter Strom sollte deshalb nicht auch noch KWK-Förderung erhalten. Auch die implizite Förderung aus den vermiedenen Netzentgelten ist nicht sinnvoll.

  1. 1

    Im europäischen Strommarkt bestimmt zunehmend der internationale und nicht länger der nationale Wettbewerb den Strommix.

    Im Rahmen der Strommarktintegration setzen sich europaweit die Kraftwerke durch, die die geringsten variablen Erzeugungskosten aufweisen. Das sind nach den Erneuerbaren Energien die Kernenergie und – aufgrund des niedrigen CO2-Preises – die Braun- und Steinkohle. Das vergleichsweise teure Erdgas kommt immer seltener zum Zug.

  2. 2

    Deutschland exportiert so viel Strom ins Ausland wie noch nie, insbesondere aus Kohlekraftwerken.

    Die Exportüberschüsse sind Ergebnis der hohen Auslastung deutscher Kohlekraftwerke, die aufgrund aktuell niedriger Kohle- und CO2-Preise Gaskraftwerke aus dem Markt drängen – im Inland, aber immer stärker auch im Ausland. Die deutschen Kohle-Stromexporte belasten auch die europäische Klimabilanz, da sie europaweit die emissionsärmere Erzeugung aus Erdgas verdrängen.

  3. 3

    Die steigenden Stromexporte tragen dazu bei, dass Deutschland sein Klimaschutzziel für 2020 deutlich zu verfehlen droht.

    Alle aktuellen Projektionen laufen darauf hinaus, dass Deutschlands Exportüberschuss ohne zusätzliche nationale Klimaschutzmaßnahmen mittelfristig weiter ansteigt. Ohne ein politisches Gegensteuern würde Deutschland deshalb voraussichtlich auch seine mittelfristigen Klimaschutzziele jenseits des Minus-40-Prozent-Ziels für 2020 nicht einhalten können.

  4. 4

    Die geplante Reform des EU-Emissionshandels kommt für 2020 zu spät.

    Die EU-Mitgliedsländer haben sich auf die Einführung einer Marktstabilitätsreserve ab 2019  geeinigt. Für das deutsche Klimaschutzziel für 2020 kommt das zu spät, da bis dahin kein relevanter Anstieg der CO2-Preise zu erwarten ist. Ein nationales Klimaschutzinstrument zur Flankierung des EU-Emissionshandels ist notwendig, wenn das Klimaschutzziel für 2020 erreicht werden soll.

  1. 1

    Die Emissionen aus der Stromerzeugung können bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 sinken – ohne tiefgreifende energiewirtschaftliche Folgen.

    Dazu müssen die ältesten Braun- und Steinkohlekraftwerke wenige Jahre vor ihrem technischen Lebensende aus dem Markt genommen werden. Die Großhandelspreise steigen bis 2020 um maximal 0,4 Cent je Kilowattstunde gegenüber der Referenz.

  2. 2

    Die Stilllegung alter Kohlekraftwerke hierzulande führt auch zu einer Senkung der Treibhausgasemissionen in Europa.

     Derzeit laufen Deutschlands CO?-intensive Kohlekraftwerke zunehmend für den Export und verdrängen auch jenseits der Grenzen klimafreundlichere Kraftwerke. Mit der Schließung alter deutscher Kohlekraftwerke wird diese Fehlentwicklung weitgehend korrigiert.

  3. 3

    Deutsche Kraftwerksbetreiber profitieren von der Stilllegung der ältesten Braun- und Steinkohlekraftwerke.

    Stilllegungen mindern die aktuellen Überkapazitäten und verbessern die Erlössituation der verbleibenden Kraftwerke. Deshalb profitieren per Saldo die meisten Kraftwerksbetreiber von den Stilllegungen – insbesondere die der großen Flotten mit Kraftwerken hoher Auslastung.

  4. 4

    Der Strukturwandel in der Kohlewirtschaft muss aktiv gestaltet werden.

     Erforderlich ist ein nationaler Kohlekonsens, der Planungssicherheit für die Wirtschaft schafft und sozialpartnerschaftliche Vereinbarungen für Beschäftigte umfasst. Nur so kann es gelingen, den Industriestandort Deutschland zukunftsfest zu machen – und zugleich fit für den Weltmarkt für Energiewendetechnologien.

  1. 1

    Der europäische Emissionshandel macht eine aktive Klimaschutzpolitik im Stromsektor nicht obsolet.

    Selbst wenn man annimmt, dass der CO?-Preis bis 2040 auf 39 Euro ansteigt, liegen die Emissionen des deutschen Stromsektors im Business-as-usual-Szenario konstant um 40 bis 60 Mio. t CO? über einem mit den deutschen Klimazielen für 2030 und 2040 konsistenten CO?-Reduktionspfad. Deshalb ist ein zusätzliches nationales Klimaschutzinstrument dauerhaft unverzichtbar – auch um Planungssicherheit herzustellen.

  2. 2

    Zur Einhaltung der deutschen Klimaschutzziele für 2030 und 2040 muss die Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken ab sofort deutlich und immer weiter reduziert werden.

    Im kosteneffizienten Zielpfad sinkt die Stromerzeugung von Braun- und Steinkohlekraftwerken von derzeit etwa 260 Terawattstunden auf etwa 100 Terawattstunden im Jahr 2030 und auf weniger als 40 Terawattstunden im Jahr 2040. Ein Großteil der heute betriebenen Kohlekraftwerke erreicht deshalb nicht mehr seine maximale technische Lebensdauer.

  3. 3

    Die Absenkung der Kohleverstromung ist energiewirtschaftlich gut verkraftbar, wenn sie stufenweise entlang der geringsten CO?-Vermeidungskosten erfolgt.

    Der mittlere Anstieg der Großhandelspreise beträgt dann etwa 0,3 Cent pro Kilowattstunde, die höheren Erlöse der verbleibenden Kraftwerke kompensieren Energieversorger für entgangene Gewinne aus stillgelegten Anlagen. Der Strukturwandel in den betroffenen Regionen sollte aktiv gestaltet werden.

  4. 4

    Die Reduktion der deutschen Kohleverstromung verbessert nicht nur die deutsche, sondern auch die europäische Klimabilanz.

    Denn so kommen emissionsärmere Gaskraftwerke auch jenseits der deutschen Grenzen wieder stärker zum Zug. Damit die dabei freiwerdenden CO?-Zertifikate nicht zu Mehremissionen anderswo in Europa führen, sollte die geplante Markstabilitätsreserve eine Regelung zur Stilllegung überschüssiger CO?-Zertifikate erhalten.

  1. 1

    Ohne weitere Maßnahmen wird Deutschlands Klimaschutzziel für 2020 drastisch verfehlt.

    Der Ausstoß von Treibhausgasen wird im Business-as-Usual-Szenario bis 2020 gegenüber 1990 nicht um 35 Prozent zurückgehen, wie bisher von der Bundesregierung angenommen, sondern lediglich um 30 bis 31 Prozent. Es bleibt eine Lücke von rund 120 Millionen Tonnen CO2e im Jahr 2020 zum Ziel. 

  2. 2

    Die wesentlichen Ursachen für höhere Emissionen: Niedrige CO2- und Ölpreise, höheres Wachstum.

    Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum fallen bis 2020 stärker aus als prognostiziert, demgegenüber sind die Preise für CO2, Diesel, Benzin und Heizöl deutlich niedriger als erwartet. Die Folge: In allen Sektoren sind die Emissionen 2020 höher als bislang offiziell prognostiziert, da mehr Kohle verstromt wird, mehr Pkw und Lkw auf den Straßen fahren, die Industrie stärker wächst und in Gebäuden weiterhin mit Ölheizungen geheizt wird. 

  3. 3

    Ein deutliches Verfehlen des 2020-Klimaschutzziels würde dem internationalen Ansehen Deutschlands erheblich schaden.

    Seit der Kanzlerschaft von Helmut Kohl forciert Deutschland international den Klimaschutz – zuletzt im Juli 2017 auf dem G20-Gipfel in Hamburg. Ein deutli-ches Verfehlen des Minus-40-Prozent-Ziels würde daher nicht nur dem Klima schaden, sondern auch die deutsche Vorreiterrolle international grundlegend in Frage stellen. 

  4. 4

    Um noch so nah wie möglich an das Klimaschutzziel 2020 zu kommen, ist ein unmittelbar im Koalitionsvertrag verankertes Sofortprogramm „Klimaschutz 2020“ unumgänglich.

    Dieses müsste von der künftigen Regierung zügig beschlossen und schon im ersten Halbjahr 2018 um-gesetzt werden, um noch bis 2020 Wirkung entfalten zu können. 

  1. 1

    Deutschland sieht sich gegenwärtig einem „Energiewende-Paradox“ ausgesetzt: Trotz eines zunehmenden Anteils erneuerbarer Energiequellen steigen gleichzeitig die Treibhausgasemissionen.

    Da der Rückgang derStromproduktion aus Kernenergie vollständig von einer erhöhten Erzeugung aus Erneuerbaren Energienausgeglichen wird, liegt der Grund für dieses Paradox nicht im Atomausstieg. Vielmehr wird es durch einenBrennstoffwechsel der Kraftwerke von Gas hin zu Kohle verursacht.

  2. 2

    Aufgrund der aktuellen Marktbedingungen drängen deutsche Kohlekraftwerke die Gaskraftwerke sowohl innerhalb Deutschlands als auch in den Nachbarländern aus dem Markt.

    Seit 2010 sind die Kohle-und CO2-Preise gesunken,während die Gaspreise gestiegen sind. Dementsprechend sind (neue und alte) Kohlekraftwerke in Deutschlandin der Lage, zu niedrigeren Kosten als Gaskraftwerke in Deutschland und in den benachbarten Strommärktenzu produzieren. Dies hat zu Rekordexportniveaus und steigenden CO2-Emissionen in Deutschland geführt.

  3. 3

    Um die klimapolitischen Ziele der Bundesregierung zu erreichen, muss der Anteil der Kohle im deutschen Stromsystem von aktuell 45 Prozent auf 19 Prozent im Jahr 2030 sinken.

    Ein solcher Rückgang in der Erzeugung aus Braunkohle- und Steinkohlekraftwerken um 62 beziehungsweise 80 Prozent in den nächsten 15 Jahren sowie der Anstieg des Anteils von Erdgas auf 22 Prozent sind Voraussetzung für das Erreichen der Ziele der deutschen Bundesregierung für 2030.

  4. 4

    Deutschland braucht eine kohärente Transformationsstrategie für seinen Kohlesektor: einen nationalen „Kohle-Konsens“.

    Ein „Kohle-Konsens“ würde Stromproduzenten, Gewerkschaften, Regierung undUmweltgruppen zusammenbringen und Wege finden, um diese Transformation gemeinsam zu gestaltenund zu erreichen.

  1. 1

    In welcher Form Ausschreibungen für die unterschiedlichen Technologien der Erneuerbaren Energien sinnvoll eingesetzt werden können, ist derzeit noch völlig offen.

    Die Zeit bis zur nächsten EEG-Novelle 2016 muss intensiv genutzt werden, um herauszu?nden, ob die Erfolgsvoraussetzungen für Ausschreibungen bei Photovoltaik, Onshore-Windkraft, Offshore-Windkraft sowie Biomasse jeweils erfüllt sind und wie die unterschiedlichen Marktstrukturen und Projektcharakteristika im Auktionsdesign zu berücksichtigen sind.
     

  2. 2

    Pilotausschreibungen sollten maximales Lernen ermöglichen.

    Dazu sollten mehrere Varianten erprobt werden, wie Präquali?kation, Auktionsverfahren, Vergütungsoptionen, Losgrößen und Standortaspekte. Denn ein falsches Auktionsdesign ab 2017 kann die Gesamtkosten erhöhen oder die Ausbauziele gefährden.

  3. 3

    Pilotausschreibungen sollten auch für Onshore-Windkraft durchgeführt werden.

    Die Erkenntnisse aus der derzeit für 2015 vorgesehenen Photovoltaik-Pilotausschreibung sind kaum übertragbar auf andere wichtige Erneuerbare Energien.

  4. 4

    Funktionierende Ausschreibungen setzen Anbietervielfalt voraus.

    Das Auktionsdesign muss die Teilnahme kleinerer, dezentraler Akteure ermöglichen, auch um strategisches Verhalten zu erschweren.

  1. 1

    Neue Wind- und Solarkraftwerke können Strom zu bis zu 50 Prozent niedrigeren Erzeugungskosten liefern als neue Kernkraftwerke oder Kohlekraftwerke mit Kohlendioxidabscheidung und -speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS).

    Dies ergibt sich aus einem konservativen Vergleich der aktuellen Einspeisevergütungen in Deutschland mit dem vereinbarten Abnahmepreis für ein neues Kernkraftwerk in Großbritannien (Hinkley Point C) und den aktuellen Kostenschätzungen für CCS; künftige Kostensenkungen werden bei allen vier dieser Technologien außer Acht gelassen.

  2. 2

    Ein zuverlässiges Stromversorgungssystem auf der Basis von Wind- und Sonnenenergie sowie Gas als Reserve kostet 20 Prozent weniger als ein System mit neuen Kernkraftwerken in Kombination mit Gas.

    Für einen aussagekräftigen Vergleich der Kosten verschiedener Technologien wurde auch der Bedarf an Reservekapazitäten und Spitzenlastkraftwerken mit einbezogen. Dabei zeigt sich, dass bei einem System auf der Basis von Windkraft und Photovoltaik zusätzliche Kosten für Gaskraftwerke als Reserve an. Diese sind jedoch gering im Vergleich zu den höheren Stromerzeugungskosten bei Kernkraft.

  1. 1

    Die Gestehungskosten von Solarstrom unterscheiden sich um bis zu 20 Prozent innerhalb von Deutschland.

    Bedingt durch Unterschiede in der Sonneneinstrahlung in verschiedenen Regionen erzeugt eine Photovoltaikanlage je nach Standort mehr oder weniger Strom. Die derzeitige einheitliche Vergütung der erzeugten Energie begünstigt die Konzentration der Anlagen in Süddeutschland, sie führt zu Unter beziehungsweise Überförderung.

  2. 2

    Ein geografisch verteilter Photovoltaikausbau sowie die Ausrichtung von Photovoltaikanlagen nach Osten und Westen führen zwar zu höheren Stromgestehungskosten, bieten aber durch eine gleichmäßigere Stromeinspeisung Vorteile für das Stromsystem.

    Wesentliche Vorteile sind ein höherer Marktwert des erzeugten Stroms, geringere Kosten für
    den Ausbau der Verteilnetze und niedrigere Anforderungen an die Flexibilität von regelbaren Kraftwerken und auf Verbraucherseite. Bisher werden diese Vorteile für das Stromsystem nicht gegen die höheren Stromgestehungskosten abgewogen.

  3. 3

    Eine nicht regional differenzierte Ausschreibung kann zu einer Konzentration von Photovoltaikanlagen in wenigen Regionen führen.

    Bei zukünftigen Ausschreibungen für Photovoltaikfreiflächenanlagen ist sicherzustellen, dass
    günstige Stromgestehungskosten nicht durch Ausgaben an anderer Stelle – etwa für den Netzausbau – erkauft werden.

  4. 4

    Ein kleiner Teil der Pilot-Ausschreibungen für PV-Freiflächenanlagen sollte so angelegt werden, dass der systembedingte Wert der Ost-West-ausgerichteten Anlagen im Ergebnis der Auktion zu Tage tritt.

    Erkenntnisse aus solchen Pilotausschreibungen könnten ebenfalls für die Weiterentwicklung der Vergütungssysteme für Dachanlagen genutzt werden.

  1. 1

    Die gegenwärtigen Ausnahmeregelungen im EEG müssen grundlegend reformiert werden, da sonst eine sich selbst verstärkende EEG-Umlagen-Erhöhung droht.

    Das derzeitige Modell benachteiligt kleine und mittelständische Unternehmen, führt zum Outsourcing von Beschäftigung und reizt ineffiziente Eigenstromkraftwerke an. 

  2. 2

    Eine europarechtskonforme Reform begrenzt die Ausnahmen auf Industrien, die energie- und exportintensiv sind – und führt keine unternehmensbezogene Kriterien ein.

    Privilegiert wären dann die 15 Sektoren, die derzeit unter die EU-Emissionshandels-Strompreiskompensation fallen, u.a. Chemie, Eisen, Stahl, Aluminium, Kupfer, Papier.

  3. 3

    Auch privilegierte Industrien und Eigenstromerzeuger sollten sich mit reduzierten Sätzen an der EEG-Finanzierung beteiligen.

    Denn energieintensive Industrien profitieren von den durch die Erneuerbaren Energien gesenkten
    Strompreisen, Eigenstromerzeuger von der Existenz des Gesamtsystems.

  4. 4

    Eine solche Reform der EEG-Ausnahmeregelungen gleicht Energie-, Industrie- und Verbraucherinteressen aus und senkt die EEG-Umlage um 20% von 6,24 auf 5 ct/kWh.

    Privilegierte Industrien zahlen dann einen reduzierten Umlagesatz von 10% (ca. 0,5 Cent), Eigenstromerzeuger erhalten einen Freibetrag von 3,5Cent (EEG-Beitrag ca. 1,5 Cent).


  1. 1

    Negative Strompreise sind per se nichts Schlechtes, sie belasten aber die EEG-Umlage erheblich.

    Denn auch in Stunden negativer Strompreise wird der Strom aus Erneuerbaren Energien am Spotmarkt vermarktet. Zwischen Dezember 2012 und Dezember 2013 hat dies das EEG-Konto mit knapp 90 Mio. Euro belastet.

  2. 2

    Negative Strompreise haben ihre Ursache in der mangelnden Flexibilität des konventionellen Kraftwerksparks.

    In Zeiten hoher Wind- und Solarstromproduktion haben Kernkraftwerke, Braunkohlekraftwerke und KWK-Anlagen ihre Erzeugung nur teilweise reduziert, sodass es – obwohl die Erneuerbaren Energien in den Spitzenstunden nie mehr als 65 % des Stroms produziert haben – zu Stromüberschüssen kam.

  3. 3

    Ohne eine deutliche Flexibilisierung von Kraftwerken und Großverbrauchern werden die Stunden mit negativen Strompreisen drastisch zunehmen.

    Wenn auch weiterhin etwa 20–25 GW konventionelle Kraftwerke rund um die Uhr Strom produzieren, wird die Zahl negativer Strompreise von 64 Stunden im Jahr 2013 auf über 1.000 Stunden bis 2022 steigen.

  4. 4

    Mit einem Flexibilitätsgesetz sollten zügig bestehende Flexibilitäts-Hemmnisse abgebaut werden.

    Derzeit verhindern verschiedene Regeln im Bereich der Systemdienstleistungen sowie im Energierecht eine größere Flexibilität des konventionellen Kraftwerksparks und der Stromnachfrageseite.

  1. 1

    Power-to-Heat ist eine kostengünstige Technologie, die für die Energiewende viele Vorteile bietet.

    Power-to-Heat kann nicht nur Strom aus Erneuerbaren Energien, der sonst abgeregelt werden würde, für den Wärmesektor nutzen, sondern auch dem Strommarkt zusätzliche Flexibilität bieten – durch die Bereitstellung von Regelenergie und den Einsatz in Zeiten negativer Strompreise.

  2. 2

    Power-to-Heat kann jetzt schon am Regelleistungsmarkt fossile Must-run-Kraftwerke reduzieren.

    In Zeiten von negativen Strompreisen kann es dazu kommen, dass fossile Kraftwerke nur deshalb nicht aus dem Markt gehen, weil sie Leistung für den Regelenergiemarkt vorhalten. Power-to-Heat kann diese Dienstleistung kostengünstig bereitstellen und dadurch Kohlenstoffdioxid-Emissionen reduzieren.

  3. 3

    Windstrom, der derzeit aufgrund von Netzengpässen abgeregelt wird, sollte in Zukunft an Power-to-Heat-Anlagen verkauft werden können. Hierfür ist eine Regelungsanpassung im EEG nötig.

    Aufgrund von Netzengpässen werden heute etwa 3,5 Prozent des in Schleswig-Holstein erzeugten Windstroms abgeregelt, während zeitgleich Wärme aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird. Das ist ineffizient.

  4. 4

    Erneuerbarer Strom, der in Zeiten von negativen Börsenpreisen abgeregelt wird, sollte künftig für Power-to-Heat genutzt werden können. Eine Reduktion der Umlagen in solchen Situationen würde dies ermöglichen.

    Wenn Power-to-Heat-Anlagen bei Strompreisen niedriger als minus 20 Euro pro Megawattstunde zum Einsatz kommen, vermeiden sie die Abregelung von EE Anlagen und entlasten die EEG-Umlage.

  1. 1

    Beim Schritt von 25 % auf 50 % Erneuerbare Energien werden systemdienliche Auslegung und Betrieb der EE-Anlagen zentral, da sonst die Gesamtsystemkosten deutlich steigen.

    Systemdienliche Auslegung und systemdienlicher Betrieb von Wind- und Solaranlagen werden jedoch von der derzeitigen EEGFinanzierungsform, der gleitenden Marktprämie, kaum angereizt.
     

  2. 2

    Der Energy-only-Marktpreis wird EE-Anlagen nie ausreichend refinanzieren, muss jedoch als zentrale Steuerungsgröße des Gesamtsystems bei den EE-Anlagenbetreibern unverzerrt ankommen.

    Die gleitende Marktprämie des geltenden EEG verzerrt aber das Preissignal des Spotmarkts, mit der Folge vermehrt auftretender negativer Börsenpreise und entsprechend steigender EEG-Umlage.
       

  3. 3

    Im EEG 2016 sollte daher die Finanzierung von EE-Anlagen auf die Zahlung von Kapazitätsprämien für systemdienliche Kapazität umgestellt werden.

    Diese Umstellung bedeutet zwar, dass EE-Anlagenbetreiber das Strompreis-Risiko übernehmen müssen, gleichzeitig reduziert es jedoch ihr Wetterrisiko. Ein Risikobandbreitenmechanismus kann zudem das Strompreis-Risiko begrenzen.

  4. 4

    Der Übergang zu Ausschreibungen für systemdienliche Kapazitäten sollte schrittweise erfolgen und durch Sonderregeln für kleine Projekte aus dem Bereich der Bürgerenergie ergänzt werden.

    Die für das EEG 2016 vorgesehenen Ausschreibungen werden nicht für alle Technologien und Anlagenklassen in kurzer Frist möglich sein. In diesen Segmenten sollte mit festgesetzten Kapazitätsprämien begonnen werden.

  1. 1

    Die Vergütung für Windenergie kann um 10 bis 20 Prozent an den besten Standorten gesenkt werden.

     Die Vergütung für Windenergieanlagen sollte ab 2015 zwischen 8,9 ct/kWh an guten Binnenlandstandorten (80 Prozent) und 5,2 ct/kWh an sehr guten Küstenstandorten (150 Prozent) liegen und dazwischen linear verlaufen.

  2. 2

    Anpassung der Höhe und Windgeschwindigkeit des Referenzstandortes: 120 m und 6,84 m/s.

    Diese Anpassung der technischen Parameter spiegelt den heutigen Durchschnitt des Zubaus von Windenergieanlagen an Land wider. Dadurch werden Unschärfen der Standortbestimmung reduziert und die Benachteiligung von Anlagen mit hohem Rotor-Generator-Verhältnis wird reduziert.

  3. 3

    Korrektur der Standortbewertung: Minderertrag durch Abregelungen und Parkwirkungsgrad berücksichtigen

    Durch kleine Korrekturen im Verfahren zur Standortbewertung kann einer möglichen Fehleinstufung zum Beispiel durch verzögerten Netzausbau vorgebeugt sowie ein Anreiz zum Bau
    von übermäßig dichten Windparks mit Parkwirkungsgraden unter 90 Prozent vermieden werden.

  4. 4

    Absicherung gegen mögliche Gefahr von Manipulation.

    Ein relevanter Anreiz zu einer Manipulation der Standortbewertung besteht nur in wenigen Fällen
    an sehr guten Standorten. Geeignete Maßnahmen mit wenig Zusatzaufwand sind daher zu ergreifen, wie zum Beispiel die Möglichkeit einer fallspezi?schen zusätzlichen Kontrolle.

  1. 1

    Die Politik hat einen großen Handlungsspielraum beim Ausbau von Onshore-Windkraft und Photovoltaik.

    Auf die Kosten des Gesamtsystems hat die regionale Verteilung der Anlagen keinen wesentlichen Einfluss.

  2. 2

    Beim Ausbau von Offshore-Windkraft kommt es auf die richtige Balance an.

    Um Technologieentwicklung einerseits und Kostenbegrenzung für die Stromkunden andererseits
    zu ermöglichen, sollte der Ausbau fortgeführt werden, allerdings auf einem niedrigeren Niveau als bislang vorgesehen.

  3. 3

    Der Netzausbau ist eine wichtige Voraussetzung für die Energiewende.

    Unter reinen Kostengesichtspunkten ist ein um wenige Jahre verzögerter Bau der Trassen des Bundesbedarfsplangesetzes nicht kritisch. Der weitere Ausbau der Erneuerbaren muss auf diese Trassen nicht warten.

  4. 4

    Ein starker Fokus auf dezentrale Photovoltaik-Batteriespeicher-Systeme ist aktuell nicht erstrebenswert.

    Erst bei einer Reduktion der Kosten solcher Systeme um 80 Prozent in den nächsten 20 Jahren wäre solch ein Szenario unter Kostengesichtspunkten sinnvoll.

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