Unsere wichtigsten Erkenntnisse

Wasserstoff

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    Wasserstoff ist ein entscheidender Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität, allerdings hat die Elektrifizierung Vorrang, wo immer es möglich ist: Darüber besteht breite Einigkeit.

    Im Jahr 2050 werden CO₂-freier Wasserstoff und grüne synthetische Brennstoffe etwa ein Fünftel der Endenergie bereitstellen, den großen Rest liefert erneuerbarer Strom. Expert:innen sind sich einig, dass Wasserstoff in erster Linie zur Dekarbonisierung von Industrie, Schifffahrt und Luftverkehr sowie zur Absicherung eines erneuerbaren Energiesystems beitragen wird. Entsprechend sollte die Wasserstoffinfrastruktur entlang dieser No-regret-Anwendungen entwickelt werden.

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    Um erneuerbaren Wasserstoff zu fördern, braucht es gezielte Politikinstrumente für No-Regret-Anwendungen.

    Nur so lassen sich dort, wo eine CO₂-Bepreisung allein nicht (schnell) genug wirken kann, Anreize für die Nutzung von Wasserstoff schaffen. Während für No-regret-Anwendungen Politikinstrumente zu überschaubaren Kosten bereitstehen, gibt es keine überzeugende Strategie für die Wasserstoffnutzung durch Haushalte. Eine Beimischung wäre nicht zielführend, um die europäischen Klimaziele im Gebäudesektor zu erreichen.

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    Die Gasverteilnetze müssen auf das Ende ihres Geschäftsmodells vorbereitet werden. Klimaneutralitäts-Szenarien gehen von einem sehr begrenzten Einsatz von Wasserstoff in Gebäuden aus.

    Damit die EU auf 1,5-Grad-Kurs kommt, muss laut EU-Folgenabschätzung im nächsten Jahrzehnt der Verbrauch von Erdgas in Gebäuden um 42 Prozent zurückgehen.

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    Europa hat grundsätzlich die Flächenpotenziale, um den Bedarf an grünem Wasserstoff zu decken. Aber: Für jedes GW Elektrolyse müssen 1 bis 4 GW zusätzliche Leistung aus Erneuerbaren installiert werden.

    Nichtsdestotrotz ist eine wettbewerbsfähige europäische Industrie auf preiswerten (grünen und CO₂-armen) Wasserstoff angewiesen, der über Pipelines aus Nachbarländern kommt, um Transportkosten möglichst niedrig zu halten. Die Importe über den Weltmarkt werden hauptsächlich aus erneuerbar erzeugten, wasserstoffbasierten synthetischen Kraftstoffen bestehen.

Aus Studie : 12 Thesen zu Wasserstoff
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    Für die angestrebte Klimaneutralität des Stromsektors bis 2035 und für die Dekarbonisierung der Stahl- und Chemieindustrie braucht Deutschland ausreichende Wasserstoffimporte.

    Laut Nationaler Wasserstoffstrategie werden ab 2030 Einfuhren von mindestens 45 TWh Wasserstoff pro Jahr benötigt. Zusätzlich zu Pipeline-Importen können andere Wasserstoffträger auch per Schiff importiert werden.

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    Pipelines sind mit Kosten < 1 €/kg H₂ der günstigste Weg, reinen Wasserstoff zu importieren.

    Beim Import von Wasserstoffträgern per Schiff erhöhen sich die Transportkosten nach Rückumwandlung auf etwa 2 bis 5 €/kg H₂. Wasserstoffderivate wie Ammoniak oder brikettierter Eisenschwamm (HBI), die direkt weiterverarbeitet werden können, stellen vielfach eine kosteneffektive Alternative dar (< 1,5 €/kg H₂). Technologische Innovationen sind eine entscheidende Voraussetzung für alle Importoptionen, mit Ausnahme von Wasserstoff-Pipelines und Ammoniak zur direkten Nutzung.

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    Die Nutzung von synthetischem Erdgas (SNG) mit einem nahezu geschlossenen Kohlenstoffkreis­lauf als Wasserstoffträger geht mit drei Herausforderungen einher:

    (1) einem komplexen Wechsel­spiel mehrerer Komponenten mit vergleichsweise niedrigem Technologie-Reifegrad und einer Umsetzungszeit von zehn Jahren; (2) dem Wettbewerb mit anderen Import-Optionen, die SNG mittelfristig preislich unterbieten können; (3) regulatorischer Unsicherheit hinsichtlich der Messung, Berichterstattung und Überprüfung internationaler Kohlenstoffströme.

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    Die kurzfristige Verwendung bestehender Erdgasnetze für SNG-Transporte beinhaltet ein Trans­formationsrisiko, wenn dadurch die notwendige Umstellung der Methan-Netze auf Wasserstoff verschleppt wird.

    Angesichts ihrer kritischen Bedeutung sollte der Fokus in Deutschland auf der Umrüstung zu und dem Bau von Wasserstoffpipelines liegen. Die Schaffung neuer CO₂-Infrastruktur sollte sich auf No-regret-CCS-Anwendungen konzentrieren.

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    Synthetische Brennstoffe werden eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung von Chemie, Industrie und Teilen des Verkehrs spielen.

    Neben chemischen Grundstoffen und Hochtemperatur-Prozesswärme geht es dabei um Flug- und Schiffsverkehr sowie möglicherweise um Teile des Straßenverkehrs. Da synthetische Brennstoffe immer teurer sein werden als direkt genutzter Strom, ist offen, wie groß ihre Bedeutung in anderen Sektoren sein wird.

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    Power-to-Gas- und Power-to-Liquid-Anlagen brauchen für einen wirtschaftlichen Betrieb günstigen Erneuerbaren-Strom und hohe Volllaststunden. Sie können daher nicht mit Überschussstrom betrieben werden.

    Stattdessen werden explizit für diesen Zweck Erneuerbare-Energien-Anlagen gebaut werden müssen – entweder in Deutschland (Offshore-Windkraft) oder zum Beispiel in Nordafrika beziehungsweise im Nahen Osten (Onshore-Windkraft und/oder Photovoltaik). Dies würde Erdöl und Erdgas exportierenden Staaten auch eine Perspektive für ein postfossiles Geschäftsmodell ermöglichen.

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    Synthetisches Methan und Öl kosten anfänglich in Europa etwa 20 bis 30 Cent pro Kilowattstunde. Die Kosten können bis 2050 auf etwa 10 Cent je Kilowattstunde sinken, wenn die global installierte Power-to-Gas-/Power-to-Liquid-Kapazität auf etwa 100 Gigawatt steigt.

    Die avisierten Kostensenkungen bedingen erhebliche frühzeitige und kontinuierliche Investitionen in Elektrolyseure und CO2-Absorber. Diese sind ohne politische Intervention oder eine hohe CO2-Bepreisung nicht zu erwarten, denn die Herstellungskosten für synthetische Brennstoffe sind dauerhaft höher als die Förderkosten ihrer fossilen Alternativen.

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    Wir brauchen einen Öl- und Gaskonsens, der den Ausstieg aus den Fossilen festlegt, effiziente Substitution priorisiert und über verpflichtende Nachhaltigkeitsregeln sowie Anreizinstrumente den Einstieg in synthetische Brennstoffe ermöglicht.

    Strombasierte Brennstoffe sind keine Alternative, sondern eine Ergänzung zu Anwendungen mit geringeren Umwandlungsverlusten wie Elektroautos oder Wärmepumpen. Anwendungsspezifi-sche Ziele tragen dem Rechnung. Verbindliche Nachhaltigkeitsregeln sichern den Klimavorteil von Power-to-Gas-/Power-to-Liquid-Brennstoffen und schaffen Planungssicherheit.

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